Schwäbische Zeitung (Ehingen)

VW-Händler fühlen sich im Stich gelassen

Streit zwischen Hersteller und Partnern eskaliert – Verband fordert Schadeners­atz

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WOLFSBURG (dpa) - Die deutschen VW- und Audi-Händler streiten mit dem Autobauer öffentlich über die Folgen der Dieselkris­e und wollen Schadeners­atz. „Wir haben einen Skandal, und wie der Konzern damit umgeht, ist unglaublic­h. Man bekennt sich nicht mehr schuldig für das, was man verursacht hat“, sagte der Vorstandsc­hef des Volkswagen und Audi Partnerver­bandes, Dirk Weddigen von Knapp, im aktuellen „Spiegel“. VW-Deutschlan­d-Vertriebsc­hef Thomas Zahn nannte die Kritik des Händlerver­bands in der „Automobilw­oche“„beispiello­s und geschäftss­chädigend“. Zwei Jahre nachdem die Abgasmanip­ulationen bei VW bekannt wurden, hat der Konzern an einer weiteren Front Ärger.

Derzeit werde ein Rechtsguta­chten erarbeitet, sagte von Knapp. Die Höhe der Forderunge­n stehe noch nicht fest. Insgesamt dürfte es aber um eine hohe zwei bis dreistelli­ge Millionens­umme gehen. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben die Interessen der mehr als 2400 Handels- und Servicepar­tner der Marken VW, Audi und VW-Nutzfahrze­uge - und ist damit das Rückgrat für den Verkauf und die Wartung von Fahrzeugen an Endkunden. Auch deswegen richten sich viele Klagen von Autobesitz­ern gegen die Händler und nicht gegen VW direkt.

Verbandsch­ef von Knapp sagte, er verstehe Kunden, die klagten. „Selbstvers­tändlich ist das ein berechtigt­er Anspruch.“Die Kunden würden nur ihr Recht in die Hand nehmen. Die Händler wiederum fühlten sich von Volkswagen „im Stich gelassen“. Es sei aber grotesk, dass die Händler, die den Ärger der Kunden nachvollzi­ehbar finden, vor Gericht gegen ihre klagenden Käufer kämpfen müssten. „Das ist eine perverse Situation, und sie führt dazu, dass wir diese Kunden nie mehr wiedersehe­n“, sagte der Verbandsch­ef. Insgesamt habe der Handel in Deutschlan­d 73 000 VWs weniger verkauft seit Beginn der Dieselkris­e. Stoppen ließe sich das alles nur, „wenn VW endlich bereit ist, seine Kunden in der Krise anständig zu behandeln“.

In dieser Schärfe war VW bisher Angriffe nur von Käuferanwä­lten, Verbrauche­rschützern oder Umweltorga­nisationen gewöhnt, nicht von den eigenen Vertragspa­rtnern. Für den Konzern kommt der Angriff überrasche­nd, die Reaktion folgte prompt und nicht weniger scharf.

„Herr Weddigen von Knapp wählt unvermitte­lt den Weg in die Öffentlich­keit, dies ist beispiello­s und nicht im Sinne der Handelspar­tner, sondern unverantwo­rtlich und geschäftss­chädigend für die Handelsorg­anisation, den Volkswagen Konzern und seine Marken“, heißt es in der Stellungna­hme von Vertriebsc­hef Zahn. Spannungsf­rei ist das Verhältnis zwischen Händlern und Autobauern ohnehin nicht, doch haben beide Seiten Streit meist nicht in der Öffentlich­keit ausgetrage­n.

Aktuell geht es aber nicht nur um die vielen Klagen von verärgerte­n Kunden, es geht auch um den Diesel selbst. Die Dieselkris­e drücke die Preise für die Fahrzeuge. Die Händler würden das vor allem bei Rückläufer­n aus Leasingver­trägen spüren. „Wenn der Händler es überhaupt schafft, so einen Rückläufer gleich zu verkaufen, macht er heute je nach Typ bis zu 3000 Euro Verlust gegenüber dem Restwert, mit dem er das Auto vor der Dieselkris­e kalkuliert hatte“, sagte von Knapp dem „Spiegel“. Vertriebsc­hef Zahn widerspric­ht. „Die Darstellun­g der verschiede­nen Themen entspricht aus unserer Sicht nicht den Fakten und den öffentlich zugänglich­en Informatio­nen.“

Zahn sagte aber auch, man wisse um die „herausford­ernde Situation des Handels“. „Es ist unser wichtigste­s Ziel, diesem entgegenzu­wirken und das Vertrauen zurückzuge­winnen“, schrieb Zahn. Man sei in einem engen Austausch mit dem Verband. „Aus den genannten Gründen sind die Aussagen von Herrn Weddigen von Knapp für uns unverständ­lich.“Im Juni hatte VW noch Händler aus aller Welt zu einem Kongress in Berlin eingeladen, um Wege in eine erfolgreic­he Zukunft von VW und Handel zu finden. Nun ist die Stimmung auf einem Tiefpunkt angekommen.

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FOTO: DPA Neuwagen vor einem VW-Autohaus. Händler fordern nun Schadeners­atz vom Hersteller.

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