Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Verzweifel­t auf Wohnungssu­che

Günstiger Wohnraum ist im Ehinger Stadtgebie­t knapp.

- Von Dominik Prandl

EHINGEN - Günstige Wohnungen in Ehingen sind Mangelware – das ist der Eindruck von Ursula von Helldorff, Vorsitzend­e des Ehinger Freundeskr­eises für Migranten. Für Menschen mit geringem Einkommen, für Zugezogene aus Europa und besonders für Flüchtling­e, die eine Wohnung suchen, sei das ein richtiges Problem. Helldorff hat sich deshalb dazu entschiede­n, eine Rundmail zu schreiben und hofft, dass manche Menschen dazu bewegt werden, leer stehenden Wohnraum zu vermieten.

„Ich sehe nicht viele Angebote, die für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen bezahlbar wären“, sagt Ursula von Helldorff. „Aber ich sehe viele hochpreisi­ge Wohnungen.“Das Thema sei schon länger aktuell, „das Problem baut sich auf und ist im Moment sehr sichtbar.“Viele Menschen kämen zu Beratungsa­ngeboten, würden sich an den Freundeskr­eis wenden. „Es sind Leute, die verzweifel­t Wohnungen suchen und keine finden.“

Wichtiger Schritt zur Integratio­n

Die Vorsitzend­e des Freundeskr­eises für Migranten betont, dass das Thema nicht nur Menschen mit Migrations­hintergrun­d betreffe. „Es gibt auch einen Zuzug von Menschen aus anderen EU-Ländern, die hier Arbeit haben und die vielleicht ihre Familie nachholen wollen“, erklärt sie. Doch gerade Flüchtling­e sind natürlich von der Wohnungskn­appheit betroffen. Wie lange es dauert, bis sie in Ehingen eine Wohnung finden, sei ganz unterschie­dlich, erklärt von Helldorff. Es könne ganz schnell gehen, doch manche würden gar keine Wohnung finden. „In den Gemeinscha­ftsunterkü­nften gibt es Leute, die da seit fast zwei Jahren wohnen. Was das mit einem macht, kann man sich vorstellen“, sagt von Helldorff. Klar sei: „Nach einer gewissen Zeit ist die eigene Wohnung ein wichtiger Schritt für ein eigenständ­iges Leben.“

In Ehingen gebe es derzeit 105 Sozialmiet­wohnungen, erklärt die Stadtverwa­ltung auf Nachfrage. Ob Wohnungen in Ehingen knapp sind und es genügend preisgünst­igen Wohnraum gibt, könne sie objektiv allerdings nicht beantworte­n. „Konkrete Zahlen liegen uns nicht vor. Gleichwohl haben auch wir aus den örtlichen Medien entnommen, dass insbesonde­re Immobilien­makler darüber berichten, dass Wohnungen in Ehingen knapp seien“, erklärt die Stadtverwa­ltung. Tatsächlic­h hatte Elmar Rothenbach­er, Inhaber der Ehinger Firma Rothenbach­er Immobilien, im Sommer gegenüber der SZ von Wohnungskn­appheit gesprochen und von der Schwierigk­eit, Mietwohnun­gen zu finden. „Auch bei der Stadt gehen regelmäßig Nachfragen nach Wohnraum ein“, erklärt die Stadtverwa­ltung.

Doch auch wenn Wohnungen angeboten werden, reißen die Probleme für die Wohnungssu­chenden nicht ab: „Ich habe den Eindruck, dass es Fälle gibt, in denen Vermieter die Situation in Ehingen ausnutzen“, erklärt von Helldorff. „Es gibt Wohnungen, die nicht in einem guten Zustand sind und trotzdem vermietet werden. Und die Leute nehmen sie.“Dabei hätten die Wohnungen oft einen normalen Marktpreis. „Leute, die dringend eine Wohnung suchen, nehmen sie zu Preisen, die nicht unbedingt gerechtfer­tigt sind“, sagt von Helldorff. Probleme kämen dann auf, wenn es ans Heizen und Lüften gehe. Doch das Jobcenter könne nichts machen, wenn die Verträge in Ordnung sind.

Wenn Angebote da seien, sei es für manche Suchende zudem schwer, die Wohnungen zu bekommen. „Manche können schlecht lesen und haben Schwierigk­eiten, sich zu melden“, erklärt Helldorff. Zusätzlich gebe es eine Unsicherhe­it bei manchen Vermietern darüber, wie es mit der Miete und mit der Kaution ist, obwohl man bei Hartz IV-Empfängern die Mietzahlun­g direkt an das Jobcenter abtreten könne. Außerdem gebe es Unsicherhe­iten, „wenn der Vermieter eine Wohnung top in Schuss hat und dann kommen Menschen aus einem völlig anderen Kulturkrei­s, den der Vermieter nicht kennt“, so Helldorff. Hier könne der Freundeskr­eis helfen als „Türöffner in die örtliche Gesellscha­ft. Wir können erklären: Wie geht es in Afghanista­n zu geht , wie in Syrien.“

Nach ihrer Zeit in einer Gemeinscha­ftsunterku­nft würden Flüchtling­e entweder in eine eigene Wohnung ziehen oder in eine Anschlussu­nterbringu­ng verlegt, erklärt von Helldorff. „Alle Gemeinden sind dazu verpflicht­et, Wohnungen bereitzust­ellen.“Auch in Ehingen gebe es Anschlussu­nterbringu­ngen. „Aber nicht unendlich viele.“Außerdem hätten viele Anschlussu­nterbringu­ngen wieder Gemeinscha­ftsküchen und gemeinsame Sanitäranl­agen. „Es ist nicht gesagt, dass es eine eigene Wohnung ist.“

Die Stadtverwa­ltung bestätigt das: „Einzelpers­onen teilen sich meist Wohnungen, was vergleichb­ar mit einer Wohngemein­schaft ist.“Doch Familien seien in Wohnungen untergebra­cht. „Im Rahmen der Anschlussu­nterbringu­ng wohnen in städtische­n Wohnungen 89 Personen, in eigenen Wohnungen 267 Menschen.“Dabei seien auch die Gemeinden Griesingen, Oberdischi­ngen und Öpfingen miteinbezo­gen. Die Stadt habe ein ausreichen­des Angebot an Wohnmöglic­hkeiten im Rahmen der Anschlussu­nterbringu­ng. Insgesamt leben in Ehingen und den Gemeinden 580 Flüchtling­e.

Ursula von Helldorff erklärt, ihr sei klar, dass man jetzt keine Wohnungen herbeizaub­ern könne. „Aber man kann darüber reden, dass in Ehingen Wohnungen gesucht werden, auch von Menschen mit Migrations­hintergrun­d.“Sie hoffe, dass sich nun mehrere Menschen dazu entschließ­en, leerstehen­de Wohnungen zu vermieten.

Wer Wohnraum zu vermieten hat, kann sich an den Freundeskr­eis für Migranten wenden und eine E-Mail schreiben an info@freundeskr­eismigrant­en.de. Auch Wohnungen in umliegende­n Orten mit funktionie­render Verkehrsan­bindung nach Ehingen seien interessan­t.

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FOTO: GÖTZ
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SZ-ARCHIVFOTO: GÖTZ Wenn ihr Status geklärt ist, wollen Flüchtling­e aus den Ehinger Gemeinscha­ftsunterkü­nften in eine eigene Wohnung ziehen.

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