Verzweifelt auf Wohnungssuche
Günstiger Wohnraum ist im Ehinger Stadtgebiet knapp.
EHINGEN - Günstige Wohnungen in Ehingen sind Mangelware – das ist der Eindruck von Ursula von Helldorff, Vorsitzende des Ehinger Freundeskreises für Migranten. Für Menschen mit geringem Einkommen, für Zugezogene aus Europa und besonders für Flüchtlinge, die eine Wohnung suchen, sei das ein richtiges Problem. Helldorff hat sich deshalb dazu entschieden, eine Rundmail zu schreiben und hofft, dass manche Menschen dazu bewegt werden, leer stehenden Wohnraum zu vermieten.
„Ich sehe nicht viele Angebote, die für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen bezahlbar wären“, sagt Ursula von Helldorff. „Aber ich sehe viele hochpreisige Wohnungen.“Das Thema sei schon länger aktuell, „das Problem baut sich auf und ist im Moment sehr sichtbar.“Viele Menschen kämen zu Beratungsangeboten, würden sich an den Freundeskreis wenden. „Es sind Leute, die verzweifelt Wohnungen suchen und keine finden.“
Wichtiger Schritt zur Integration
Die Vorsitzende des Freundeskreises für Migranten betont, dass das Thema nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund betreffe. „Es gibt auch einen Zuzug von Menschen aus anderen EU-Ländern, die hier Arbeit haben und die vielleicht ihre Familie nachholen wollen“, erklärt sie. Doch gerade Flüchtlinge sind natürlich von der Wohnungsknappheit betroffen. Wie lange es dauert, bis sie in Ehingen eine Wohnung finden, sei ganz unterschiedlich, erklärt von Helldorff. Es könne ganz schnell gehen, doch manche würden gar keine Wohnung finden. „In den Gemeinschaftsunterkünften gibt es Leute, die da seit fast zwei Jahren wohnen. Was das mit einem macht, kann man sich vorstellen“, sagt von Helldorff. Klar sei: „Nach einer gewissen Zeit ist die eigene Wohnung ein wichtiger Schritt für ein eigenständiges Leben.“
In Ehingen gebe es derzeit 105 Sozialmietwohnungen, erklärt die Stadtverwaltung auf Nachfrage. Ob Wohnungen in Ehingen knapp sind und es genügend preisgünstigen Wohnraum gibt, könne sie objektiv allerdings nicht beantworten. „Konkrete Zahlen liegen uns nicht vor. Gleichwohl haben auch wir aus den örtlichen Medien entnommen, dass insbesondere Immobilienmakler darüber berichten, dass Wohnungen in Ehingen knapp seien“, erklärt die Stadtverwaltung. Tatsächlich hatte Elmar Rothenbacher, Inhaber der Ehinger Firma Rothenbacher Immobilien, im Sommer gegenüber der SZ von Wohnungsknappheit gesprochen und von der Schwierigkeit, Mietwohnungen zu finden. „Auch bei der Stadt gehen regelmäßig Nachfragen nach Wohnraum ein“, erklärt die Stadtverwaltung.
Doch auch wenn Wohnungen angeboten werden, reißen die Probleme für die Wohnungssuchenden nicht ab: „Ich habe den Eindruck, dass es Fälle gibt, in denen Vermieter die Situation in Ehingen ausnutzen“, erklärt von Helldorff. „Es gibt Wohnungen, die nicht in einem guten Zustand sind und trotzdem vermietet werden. Und die Leute nehmen sie.“Dabei hätten die Wohnungen oft einen normalen Marktpreis. „Leute, die dringend eine Wohnung suchen, nehmen sie zu Preisen, die nicht unbedingt gerechtfertigt sind“, sagt von Helldorff. Probleme kämen dann auf, wenn es ans Heizen und Lüften gehe. Doch das Jobcenter könne nichts machen, wenn die Verträge in Ordnung sind.
Wenn Angebote da seien, sei es für manche Suchende zudem schwer, die Wohnungen zu bekommen. „Manche können schlecht lesen und haben Schwierigkeiten, sich zu melden“, erklärt Helldorff. Zusätzlich gebe es eine Unsicherheit bei manchen Vermietern darüber, wie es mit der Miete und mit der Kaution ist, obwohl man bei Hartz IV-Empfängern die Mietzahlung direkt an das Jobcenter abtreten könne. Außerdem gebe es Unsicherheiten, „wenn der Vermieter eine Wohnung top in Schuss hat und dann kommen Menschen aus einem völlig anderen Kulturkreis, den der Vermieter nicht kennt“, so Helldorff. Hier könne der Freundeskreis helfen als „Türöffner in die örtliche Gesellschaft. Wir können erklären: Wie geht es in Afghanistan zu geht , wie in Syrien.“
Nach ihrer Zeit in einer Gemeinschaftsunterkunft würden Flüchtlinge entweder in eine eigene Wohnung ziehen oder in eine Anschlussunterbringung verlegt, erklärt von Helldorff. „Alle Gemeinden sind dazu verpflichtet, Wohnungen bereitzustellen.“Auch in Ehingen gebe es Anschlussunterbringungen. „Aber nicht unendlich viele.“Außerdem hätten viele Anschlussunterbringungen wieder Gemeinschaftsküchen und gemeinsame Sanitäranlagen. „Es ist nicht gesagt, dass es eine eigene Wohnung ist.“
Die Stadtverwaltung bestätigt das: „Einzelpersonen teilen sich meist Wohnungen, was vergleichbar mit einer Wohngemeinschaft ist.“Doch Familien seien in Wohnungen untergebracht. „Im Rahmen der Anschlussunterbringung wohnen in städtischen Wohnungen 89 Personen, in eigenen Wohnungen 267 Menschen.“Dabei seien auch die Gemeinden Griesingen, Oberdischingen und Öpfingen miteinbezogen. Die Stadt habe ein ausreichendes Angebot an Wohnmöglichkeiten im Rahmen der Anschlussunterbringung. Insgesamt leben in Ehingen und den Gemeinden 580 Flüchtlinge.
Ursula von Helldorff erklärt, ihr sei klar, dass man jetzt keine Wohnungen herbeizaubern könne. „Aber man kann darüber reden, dass in Ehingen Wohnungen gesucht werden, auch von Menschen mit Migrationshintergrund.“Sie hoffe, dass sich nun mehrere Menschen dazu entschließen, leerstehende Wohnungen zu vermieten.
Wer Wohnraum zu vermieten hat, kann sich an den Freundeskreis für Migranten wenden und eine E-Mail schreiben an info@freundeskreismigranten.de. Auch Wohnungen in umliegenden Orten mit funktionierender Verkehrsanbindung nach Ehingen seien interessant.