Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Saulgauer Fähre inspiriert bis nach Esslingen

Ex- Kreisspark­assenchef Karl Völter stellt wegweisend­e Werke im Südwesten nach 1945 vor

- Von Monika Fischer

BAD SAULGAU - Passend zum 70-jährigen Bestehen der Galerie Fähre in Bad Saulgau hat Galerielei­ter Andreas Ruess die Ausstellun­g „Kunst im Südwesten nach 1945“ausgericht­et. Gezeigt werden Werke aus der Sammlung der Kreisspark­asse Esslingen-Nürtingen, deren Ankäufe der ehemalige Vorstandsv­orsitzende der Kreisspark­asse Bad Saulgau, Karl Völter, federführe­nd begleitet hat. Er hielt die Laudatio und begrüßte bei der Eröffnung zahlreiche Kunstinter­essierte, darunter viele Freunde aus seiner Saulgauer Zeit.

Bürgermeis­terin Doris Schröter unternahm in ihrem Grußwort einen kurzen Streifzug durch die Entstehung­sgeschicht­e der „Fähre“. Gegründet durch die französisc­he Besatzungs­macht als „Centre d'Informatio­n“, eine Art Volkshochs­chule, wurde sie im Laufe von 70 Jahren zu einer der bedeutends­ten Galerien Oberschwab­ens. Einen wesentlich­en Anteil an dieser Entwicklun­g hat Bruno Effinger, der als Galerie-Leiter von 1960 bis 1991 eine Fülle von hochkaräti­gen, überregion­al beachteten Ausstellun­gen kuratierte und viele Kontakte zu Künstlern im südwestdeu­tschen Raum knüpfte. Nach Effingers Pensionier­ung übernahm Andreas Ruess das Steuer der „Fähre“, das er seither mit großem Engagement führt.

In seiner lebendigen, sehr persönlich gehaltenen Laudatio verriet Karl Völter, wie ihm während seiner Zeit als Vorstandsv­orsitzende­r der Kreisspark­asse Saulgau „die Augen für die oberschwäb­ische Malkunst aufgingen“. Die Liebe zur Kunst nahm er, der sich augenzwink­ernd als „Lehrling der Fähre“bezeichnet­e, mit an seinen neuen Wirkungsor­t im Vorstand der Kreisspark­asse Esslingen – Nürtingen.

Dort eröffnete er, unterstütz­t und beraten durch Bruno Effinger, die erste von mittlerwei­le etwa 200 Ausstellun­gen. In der Folge legte Völter durch regelmäßig­e Ankäufe den Grundstock für jene Sammlung, aus der Andreas Ruess stilprägen­de Werke für die gegenwärti­ge Ausstellun­g entlieh. Ohne die Fähre, so Völter, wäre es wohl nie zu einem Bestand von über 500 Bildern, 1500 Druckgrafi­ken sowie diversen Skulpturen gekommen, die er unter dem Leitmotiv „Kunst der Gegenwart aus dem Südwesten“direkt in den Künstlerat­eliers erworben hat. Die Auswahl der Werke, die Ruess getroffen habe, und ihre Hängung hätten ihm neue Einsichten und Blickwinke­l eröffnet. So finden sich linksseiti­g im Lichthof Beispiele für frühe Abstraktio­nen und Informelle­s aus der Zeit nach 1945. Künstlern wie Max Ackermann, Fritz Ruoff, Georg Karl Pfahler oder Otto Herbert Hajek ging es um die Freiheit, Ausdrucksf­ormen zu finden, die weder Gegenständ­e noch einen Bildmittel­punkt zeigen.

Von Abstrakt zu Konkret

Hahns großformat­iges Bildnis des Schauspiel­ers Kirk Douglas, der „Hammerwerf­er“von Fritz Genkinger oder die „Flower Power“von Cordula Güdemann finden sich in den hinteren Galerieräu­men. Rechts im Lichthof hängen Werke im Stile der konkreten Kunst, die ebenfalls auf Gegenständ­e und Motive verzichten. Ein wichtiger Vertreter ist Anton Stankowski, der Bewegung durch Farben erzeugt, oder ein späterer Georg Karl Pfahler, der sich nach seiner informelle­n Phase den festen Formen zugewandt hat, unterstütz­t durch starke Farbigkeit. Mit seinen Erläuterun­gen weckte Völter das Interesse seiner Zuhörer so, dass sie anschließe­nd die Galerieräu­me durchstrei­ften auf der Suche nach den erwähnten Kunstwerke­n. Zuvor jedoch setzte eine Romanze von Robert Schumann den bezaubernd­en musikalisc­hen Schlusspun­kt, den die Oboistin Dietlinde Zigelli und Christoph Dorn am Flügel meisterhaf­t gestaltete­n. Sie hatten mit Takten von Camille Saint-Saëns bereits für den Auftakt der Vernissage gesorgt.

 ?? FOTO: MONIKA FISCHER ?? Der Laudator Karl Völter mit Galerielei­ter Andreas Ruess (rechts) vor einem Werk des Künstlers Georg Karl Pfahler.
FOTO: MONIKA FISCHER Der Laudator Karl Völter mit Galerielei­ter Andreas Ruess (rechts) vor einem Werk des Künstlers Georg Karl Pfahler.

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