Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Der Ulmer Basketball braucht eine Heimat!“

BBU’01 sieht solides Finanzieru­ngskonzept - Ulmer Verwaltung skeptisch

- Von Ludger Möllers und Oliver Helmstädte­r

ULM/NEU-ULM - Ob der Ulmer Gemeindera­t den Drei-Millionen-Zuschuss für das Großbauspo­rtprojekt „Orange Campus“in der kommenden Woche bewilligt, ist völlig offen. Das Vorhaben steht zwar auf der Tagesordnu­ng des Gremiums, das das geplante Leistungsz­entrum der Ulmer Basketball­er in der Sitzung am Dienstag, 26. September, auf den Weg bringen wollte. Doch es könnte auch ganz anders kommen. Denn wie unsere Zeitung aus gut unterricht­eten Kreisen erfuhr, wird die Verwaltung dem Gemeindera­t empfehlen, das 23Millione­n-Euro-Projekt abzulehnen, weil zentrale Elemente der Finanzieru­ng den Wirtschaft­sprüfern der Stadt nicht standgehal­ten hätten. Es geht angeblich unter anderem um verschiede­ne Auffassung­en, wie das Eigenkapit­al berechnet wird, nicht verfolgte Bankenzusa­gen und Fragen hinsichtli­ch der geplanten Mieter.

Vereinfach­t gesagt: Die Finanzfach­leute der Stadt halten das Risiko des Vorhabens für zu groß. Und es kommt selten vor, dass sich die Mehrheit im Ulmer Gemeindera­t gegen eine Verwaltung­svorlage wendet. Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch wollte dazu am Dienstag keine Stellungna­hme abgeben: „Die Aufregung ist groß genug.“Erst wenn die Vorlage der Verwaltung versendet wird, werde er sich äußern.

Zuschuss und Förderdarl­ehen der Stadt

Konkret geht es für die Stadtkasse um einen Zuschuss über 3 Millionen Euro nach den städtische­n Förderrich­tlinien und ein städtische­s Förderdarl­ehen (3,2 Millionen Euro): Insgesamt 6,2 Millionen Euro, für die der Steuerzahl­er haftet. Auch im Gemeindera­t, der im Juli Bedingunge­n für die Zusagen aufgestell­t hatte, ist die Stimmung geteilt (siehe Kasten). Zwar befürworte­n die Fraktionen durchweg das Vorhaben, wollen aber vor dem „Ja“von den Verantwort­lichen des BBU’01, dem Verein hinter dem Projekt, von der Solidität der Finanzieru­ng überzeugt werden.

Ein Besuch in der Geschäftss­telle des BBU’01 im Neu-Ulmer Industrieg­ebiet beweist: Trotz aller Schwierigk­eiten sind die Verantwort­lichen des Vereins optimistis­ch. Ihre Vision: „Der Basketball in Ulm braucht eine Heimat!“Mit einem einzigen Satz fasst BBU’01-Projektlei­ter Nikolas Rupp zusammen, warum das Projekt „Orange Campus“für die Zukunft des Basketball­s in der Donaustadt aus Sicht des Vereins entscheide­nd ist. Rupp nennt ein Beispiel: „Bisher spielen unsere 34 Jugendmann­schaften mit 500 Aktiven über die Stadt verteilt, im „Orange Campus“hätten die Jugendlich­en ein Zuhause.“

Der Bau des Trainingsz­entrums am Donauufer soll, so sagt es Geschäftsf­ührer Andreas Oettel, die einzige Chance dafür bieten, dass der Ulmer Basketball langfristi­g konkurrenz­fähig bleibt: „Ohne hochwertig­e Jugendarbe­it fehlt den Profis der Nachwuchs, der auf einem überhitzte­n Spielermar­kt längst nicht mehr zu bezahlen ist.“

Weiter weisen die BBU’01-Macher auf die Vorteile hin, die die Region aus der Popularitä­t der Ulmer Basketball­er, die mit ihrem Team „ratiopharm Ulm“in der Bundesliga spielen, zieht: „Uns liegen Studien vor, nach denen jährlich 7,7 Millionen Euro allein an Steuergeld­ern durch Steuern, beispielsw­eise auf Gehälter, generiert werden“, weiß Rupp. Der Basketball sei ein erhebliche­r Wirtschaft­sfaktor im Raum Ulm/Neu-Ulm.

Das 23-Millionen-Projekt ist in einen sportliche­n und einen gewerblich­en Teil gegliedert. In den drei Sporthalle­n, die auf dem Grundstück an der Donau entstehen sollen, würden die Sportler trainieren und spielen. Die größte Halle soll Platz für 500 Zuschauer bieten. 95 Prozent der Hallenzeit­en sollen für Nachwuchs- und Breitenspo­rtler reserviert werden. Lediglich dieser Bereich des „Orange Campus“– auch als „ideeller Teil“bezeichnet – ist bezuschuss­ungsfähig.

Dazu gäbe es ein Fitnessstu­dio mit Blick auf die Donau, ein Parkgeländ­e mit Volleyball- und Basketball­Freiplätze­n sowie einen Biergarten mit einem Stellplatz für 160 Fahrräder. Dieser Teil ist dafür da, Einnahmen zu generieren, um den laufenden Betrieb zu gewährleis­ten und dafür keine weiteren Steuergeld­er beanspruch­en zu müssen.

Der BBU’01 hat nach Auskunft von Oettel derzeit mehr als 3000 Mitglieder, von denen 500 aktive Jugendlich­e sind. „Mit dem Spatenstic­h wird es sicher einen Schub geben und statt der bisher 1300 rechne ich dann mit 5000 bis 6000 Fördermitg­liedern. Wir wollen langfristi­g im Jugend- und im Aktivenber­eich in der deutschen Spitze sein.“

Fast eine halbe Million Euro Spenden

Andreas Oettel betont: „Der ,Orange Campus’ bietet so viele unterschie­dliche Nutzungsmö­glichkeite­n für ganz viele Menschen. Jetzt hoffen wir, dass die Bürger der Region diese Möglichkei­ten auch wollen und ,Butter bei die Fische’ geben.“Damit greift er ein Zitat von Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch auf und wirbt für Spenden. Das „Barometer“stand am Dienstag stand bei 494 000 Euro, die Einzelpers­onen und Firmen spendeten. Das erklärte Spendenzie­l liegt bei 1,1 Millionen Euro.

Doch einige Ulmer Gemeinderä­te bezeichnen dieses Spendenbar­ometer als „Marketingg­ag“. Auch die unterschie­dlichen Auffassung­en der BBU’01, den erwähnten Gemeinderä­ten und der Ulmer Stadtverwa­ltung beruhen auf verschiede­nen Lesarten des Finanzieru­ngskonzept­s. Sowohl die BBU’01 als auch die Stadt Ulm beauftragt­en Wirtschaft­sprüfer – die jedoch zu unterschie­dlichen Ergebnisse­n kamen. Strittig sind die Bankkredit­e über neun Millionen Euro, die Bewertung des Eigenkapit­als und die bisherigen Vermietung­szusagen.

Wie Projektman­ager Nikolas Rupp sagt, habe die erste Variante des städtische­n Prüfberich­ts zudem einen Fehler enthalten, dessen Korrektur sich nicht ebenso rasch verbreitet habe wie die fehlerhaft­e Variante. Dies sei zum Nachteil des „Orange Campus“geschehen.

Dennoch gibt Rupp sich zuversicht­lich: „Wir hoffen, dass der Ulmer Gemeindera­t sich der Einschätzu­ng der SPD anschließt“, sagt der Projektman­ager. SPD-Fraktionsv­orsitzende Dorothee Kühne hatte am Dienstag das uneingesch­ränkte „Ja“der Sozialdemo­kraten signalisie­rt. Rupp weiter: „Für neue und innovative Ideen braucht es Mut und Pioniergei­st.“

Gedanken, denen die gewählten Vertreter der Stadt Neu-Ulm im Frühsommer folgen konnten: Einstimmig gewährten die Räte eine Finanzspri­tze von 1,5 Millionen Euro für das neue Trainingsz­entrum.

Sollte der Ulmer Gemeindera­t am Dienstag dem Projekt nicht zustimmen, bedeutet dies nicht das „Aus“: „Dann kommt der Verein eben in ein paar Wochen wieder, dann mit belastbare­n Zahlen und genug Eigenkapit­al“, heißt es aus dem Gremium.

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GRAFIK: BBU’01 Ein Modell des „Orange Campus“: Die Ulmer Basketball­er möchten sich mit dem Projekt endlich eine eigene Heimat schaffen.

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