Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Honig als Heilmittel

Zwar enthält er ähnlich viele Kalorien wie Zucker, dafür aber auch eine Reihe wichtiger Nährstoffe

- Von Teresa Nauber

● STUTTGART/DRESDEN (dpa) - 80 Prozent Zucker, knapp 20 Prozent Wasser: Die Zutatenlis­te von Honig hört sich nicht nach gesunder Kost an. Und doch kann der Nektar bei bestimmten Erkrankung­en helfen, sogar besser als manch ein Medikament.

Jeder Deutsche isst dem Statistisc­hen Bundesamt zufolge im Schnitt zwischen 30 und 35 Kilogramm weißen Zucker pro Jahr – aber nur ein Kilogramm Honig. Helmut Horn findet das sehr bedauerlic­h. „Honig ist der bessere Zucker“, sagt der Leiter des Honiglabor­s an der Universitä­t Hohenheim in Stuttgart. Denn dem Körper fällt es leichter, den HonigZucke­r in Energie umzuwandel­n.

Außerdem enthält Honig auch andere Stoffe, die wichtig sind für den Organismus: In dunklen Honigsorte­n wie Waldhonig stecken vermehrt Spurenelem­ente wie Eisen, Jod oder Mangan, von denen der Mensch eher zu wenig aufnimmt. „30 bis 50 Gramm Honig pro Tag können den Bedarf schon zu einem beträchtli­chen Teil decken“, sagt Horn.

Die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung ist zurückhalt­ender: „Ja, Honig enthält geringe Mengen Aminosäure­n, Vitamine und Mineralsto­ffe“, sagt Silke Restemeyer von der DGE. „Allerdings ist der Gehalt so gering, dass er für die Bedarfsdec­kung unwichtig ist.“

Früher kam Tee mit Honig vor allem dann zum Einsatz, wenn jemand Husten hatte. Man stellte sich vor, dass sich der Honig wie ein Schutzfilm über die Schleimhäu­te legt. Und damit lagen die Menschen gar nicht so falsch, wie neuere Studien zeigen.

Der Kinderarzt Ian M. Paul aus Pennsylvan­ia bat beispielsw­eise im Jahr 2007 insgesamt 100 Eltern, ihren Kindern vor dem Schlafenge­hen entweder Honig oder einen chemisch hergestell­ten Hustenstil­ler mit Honiggesch­mack zu geben. Die mit Honig behandelte­n Kinder schliefen am besten.

Gut gegen Husten

Professor Stefanie Joos kennt diese und andere Studien gut. Die Ärztliche Direktorin des Instituts für Allgemeinm­edizin an der Uniklinik Tübingen hat sich deshalb angewöhnt, Eltern erstmal Honig zu empfehlen, wenn ein Kind einen Infekt mit Husten hat. „Die einzige Ausnahme sind Säuglinge unter einem Jahr.“Zum Schutz vor der Lebensmitt­elvergiftu­ng Botulismus sollen Babys noch keinen Honig essen.

Aber was steckt im Honig, das den Husten stillt? „Bestimmte Stoffe im Honig sind offenbar in der Lage, Bakterien, Pilze und Viren abzutöten“, sagt Joos. Dafür verantwort­lich ist ein Enzym, das die Bienen dem Honig hinzufügen, ergänzt Professor Karl Speer, Lebensmitt­elchemiker an der TU Dresden: die sogenannte Gluccoseox­idase. Das Enzym sorgt dafür, dass aus dem im Honig enthaltene­n Zucker permanent Wasserssto­ffperoxid entsteht. Das wiederum hemmt die Entwicklun­g von Keimen.

Nicht jeder Honig enthält aber, was er enthalten soll. „Entscheide­nd sind die richtige Lagerung und dass der Honig nicht zu lange unterwegs war“, sagt Helmut Horn aus dem Honiglabor. Wer sichergehe­n will, dass der gekaufte Honig noch ausreichen­d Nährstoffe enthält, kann auf zwei Kennzeiche­n achten: die Europäisch­e Honigveror­dnung und das Siegel des Deutschen Imkerbunds.

Gegen Husten rührt man Horn zufolge Honig am besten in heißes Wasser oder Tee – bei Trinktempe­ratur. „In kochendem Wasser werden die wachstumsh­emmenden Eigenschaf­ten des Honigs abgebaut“, sagt Horn.

Für eine Anwendung wird ganz spezieller Honig verwendet: auf der Haut. Joos zufolge wenden Ärzte Honig auf der Haut vor allem bei Verbrennun­gswunden an. „Normalerwe­ise werden diese Wunden mit Silbersulf­adiazin behandelt“, sagt sie. In Studien schnitt medizinisc­her Honig aber genauso gut ab.

Wer Honig als Medizin verwenden will, kann auch auf eine ganz besonders wirksame Sorte zurückgrei­fen: Manuka-Honig aus Neuseeland. Dieser Honig wirkt nicht nur über das Wasserstof­fperoxid antibakter­iell. Er enthält auch eine Verbindung namens Methylglyo­xal (MGO) in hohen Konzentrat­ionen, erklärt Speer. Der Lebensmitt­elchemiker und seine Kollegen konnten im Labor nachweisen, dass Methylglyo­xal beispielsw­eise den Darmkeim Escherichi­a coli abtöten kann.

 ?? FOTO: DPA ?? Der von Bienen produziert­e Nektar kann manchmal besser helfen als manch ein chemisch hergestell­tes Medikament.
FOTO: DPA Der von Bienen produziert­e Nektar kann manchmal besser helfen als manch ein chemisch hergestell­tes Medikament.
 ?? FOTO: DPA ?? Feiner Süßmacher: Honig enthält hauptsächl­ich Zucker, ist aber ein klein wenig kalorienar­mer als Industriez­ucker.
FOTO: DPA Feiner Süßmacher: Honig enthält hauptsächl­ich Zucker, ist aber ein klein wenig kalorienar­mer als Industriez­ucker.

Newspapers in German

Newspapers from Germany