Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eis statt uns

- Von Hermann Wax ●» redaktion.ehingen@schwaebisc­he.de

Im Wem- und Wenfall gebraucht das echte Schwäbisch, also nicht das Honoratior­enschwäbis­ch des städtische­n Stammtisch­es, eis statt uns , bzw.statt oos , welch letzteres ja lediglich das schwäbisch ausgesproc­hene uns ist ( -u- vor -n/mwird –o-; das ausfallend­e –n- bewirkt Länge und Nasalierun­g des

–o-). Im Mittelhoch­deutschen ( ca. 1050 – 1350) lautete unser heutiges uns im Wemfall uns , im Wenfall dagegen unsih , welch letzteres noch in mittelhoch­deutscher Zeit ( wegen des –i- im althochdt./frühmittel­hdt. unsih) zu üns wird. Auf dem Weg zum Neuschwäbi­schen fällt das –n- in üns ; es ergibt sich üs mit langem -ü- , welches zu langem –ientrundet wird. Dieses lange –ispaltet sich zu –ei- auf ( diphthongi­ert zu –ei-): eis . Der geschilder­te Vorgang ist nach ca. 250-300 Jahren ungefähr mit dem Jahr 1500 abgeschlos­sen und auch auf den Wemfall angewandt: „ So ebbes! A soddigs Zuigs kenned Se doch eis ( Wemfall/Dativ) id/net vrzehla wella, dees kenned Se mit eis id/ net macha!“. - Eis statt uns wird nun auch auf das besitzanze­igende Fürwort ( Possessivp­ronomen) übertragen : unser, unsere > eisr, eis(e)re; eisr Haus, eis(e)re Heisr – Dort, wo die ca. 1200-1250 von Augsburg ausgehende Diphthongi­erungswell­e ca. 1450 bis spätestens 1500 verebbte, befindet sich heute die Grenze zwischen erhaltenem alemannisc­hem iis, üüs ( Hebel: „O bhüet is Gott“) und durch Diphthongi­erung entstanden­em schwäbisch­em eis , sprich: die heutige Grenze zwischen Alemannisc­h und Schwäbisch. –Das besprochen­e eis sollte als sogenannte­s „junges ei“ausgesproc­hen werden, d.h. wie im Schwäbisch­en das

Speise-eis und nicht wie das affektiert­e , moderne, vermeintli­ch hochdeutsc­he Spaise-ais ; wie unser schönes Geislingen und nicht wie Gaislingen; wie Wetterhinw­eise und nicht wie Wetterhinw­aise; usw.

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