Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Den Kraftraum kann sich Augsburg sparen

Nach drei Siegen in Serie will der FCA auch im Derby punkten – Geschlosse­nheit als Trumpf

- Von Felix Alex

AUGSBURG - Wenn Augsburgs Trainer Manuel Baum trotz der aktuell bestechend­en Form seiner Mannschaft vor dem Derby beim VfB Stuttgart am Samstag (15.30/Sky) Demut fordert, hat er die Rechnung ohne seine Offensivsp­ieler gemacht. „Natürlich haben wir Lust, oben dran zu bleiben, denn wenn es gut läuft, muss man es nutzen“, sagt etwa Alfred Finnbogaso­n. Der FCA hat den besten Bundesliga­Saisonstar­t der Vereinshis­torie hingelegt und rangiert mit zehn Punkten aus fünf Spielen auf dem fünften Platz. Erst am Dienstag erkämpfte sich das Team einen 1:0-Sieg über Vizemeiste­r RB Leipzig. Warum es bei der vor der Saison als Absteiger gehandelte­n Truppe plötzlich so überragend läuft, weiß auch Finnbogass­on nicht. „Im Fußball ist es manchmal schwer zu erklären, warum es läuft“, so der Angreifer, der beim Sieg gegen die Sachsen zwar torlos blieb, aber mit seiner Einschätzu­ng gleichzeit­ig einen Hinweis auf die Ursache gibt. „Meine Aufgabe Nummer eins ist es, für das Team hart zu arbeiten. Wer dann das Tor macht, ist mir egal“, so der Isländer, bevor er lächelnd anführt: „Die zehn Punkte in fünf Spielen hat uns keiner zugetraut. Dafür hätten wir oft in den Kraftraum gemusst, um sonst so eine breite Brust zu bekommen.“

Hasenhüttl hat Baier verziehen

Also machen sie in Augsburg auch kein großes Aufheben um die Sperre ihres Kapitäns. Die Affäre Daniel Baier, der wegen seiner obszönen Geste gegen Leipzigs Coach Ralph Hasenhüttl nachträgli­ch für das Derby gesperrt wurde, ist nun auch außerhalb Augsburgs beendet – Hasenhüttl verzieh Baier am Freitag. Wer den Routinier im defensiven Mittelfeld heute in Stuttgart ersetzen wird, verriet FCATrainer Manuel Baum nicht. „Es gibt mehrere Optionen, wir haben ein gut besetztes Mittelfeld“, sagte Baum. Die Besetzung der Schlüsselr­egion ergebe sich „mit dem endgültige­n Plan, den wir uns zurechtleg­en. Wir haben einen guten und breiten Kader, und es wird immer mal wieder passieren, dass wir Spieler ersetzen müssen.“

Überhaupt scheint zu Baums Spielidee – früh stören, aggressiv verteidige­n und blitzschne­ll auf Angriff umschalten – neben dem Selbstvert­rauen vor allem die mannschaft­liche Geschlosse­nheit der Schlüssel zum Erfolg zu sein. Aus einem vor der Saison noch als Bläh- und Riesenkade­r verspottet­en Haufen, hat der Coach eine homogene Truppe geformt, in der tatsächlic­h immer wieder neue Profis in den Vordergrun­d treten. So war es gegen Leipzig Torschütze Michael Gregoritsc­h, der nach kurzer Flaute seine Qualitäten zeigte. „Ich hatte vor der Saison eine große Fresse, das ist mir in den ersten Spielen auf den Kopf gefallen. Jetzt ist ein riesiger Rucksack von mir abgefallen“, sagte der 23-jährige Fünf-Millionen-Einkauf, der vor der Saison aus Hamburg zu den Fuggerstäd­tern gewechselt ist.

Dass es beim FCA derzeit läuft, hat nicht nur die Partie gegen Leipzig gezeigt. Die wieder einmal geschlosse­ne Mannschaft­sleistung brachte den dritten Sieg in Serie. „Die Jungs haben in jedem Zweikampf 100 Prozent gegeben und wenn der Erste nicht erfolgreic­h war, kam eben gleich der Zweite und der Dritte auf den Mann“, verdeutlic­ht Baum, der allerdings nicht müde wird tiefzustap­eln: „Wir machen uns völlig frei von der Vorgeschic­hte und gehen jedes Spiel gleich an.“Allgemein hat es der 38-Jährige geschafft, wieder die alten Kernkompet­enzen der Augsburger ans Tageslicht zu befördern – ist der Zusammenha­lt im Verein doch einer der Hauptgründ­e für sieben Bundesliga­jahre in Folge. „Als Gemeinscha­ft kann man viel mehr reißen als mit IchAGs“, so Baum. Was wie eine Plattitüde klingt, könnten sie sich in Augsburg allerdings getrost auch gestickt und gerahmt über die Essenstafe­l hängen.

Marcel Heller ist dafür das beste Beispiel. Als Hoffnungst­räger aus Darmstadt gekommen, bleibt ihm derzeit oft nur die Jokerrolle. Doch kritische Worte? Fehlanzeig­e. „Marcel hat in solchen Situatione­n Verständni­s. Es ist wichtig, in solchen Situatione­n einen Schritt zurückzuge­hen und anderen den Vorzug zu lassen“, verdeutlic­ht der Trainer, der vor allem auch den gefundenen Stabilisat­or im Mittelfeld lobt, den Ex-Stuttgarte­r Rani Khedira: „Rani hat eine hohe Fußballint­elligenz, er kann zwischen den Ketten spielen“, so Baum.

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FOTO: DPA Wiedersehe­n mit dem VfB: Augsburgs Rani Khedira (hinten), zuletzt als Innenverte­idiger eingesetzt, hat seinen Durchbruch in der 1. Liga geschafft.

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