Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wahlbeteil­igung weiter im Aufwind

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BERLIN (dpa) - Deutschlan­ds Wähler kehren an die Stimm-Urnen zurück. Nach den jüngsten Landtagswa­hlen zeigt auch die Wahl zum Bundestag: Der jahrelange Abwärtstre­nd bei der Wahlbeteil­igung ist offenbar gebrochen. Sie lag am Sonntag bei 75 bis 76,5 Prozent, 2013 hatten nur 71,5 der Wahlberech­tigten abgestimmt.

Bis in die 1980er-Jahre hinein war eine Beteiligun­g von mehr als 85 Prozent im Bund und über 75 Prozent in den Ländern noch die Regel. Mit der ersten gesamtdeut­schen Wahl 1990 ging die Quote dann deutlich zurück und sank im Bund mit 70,8 Prozent 2009 auf einen historisch­en Tiefstand. Auch bei den meisten Landtagswa­hlen war jahrelang ein rückläufig­er Trend festzustel­len.

Mit der Beteiligun­g aufwärts ging es Wahlforsch­ern zufolge meist immer dort, wo die AfD erstmals zur Wahl stand. Laut Infratest dimap konnte die Partei schon mehrfach viele ehemalige Nichtwähle­r für sich mobilisier­en. Experten gehen aber auch davon aus, dass das Erstarken der Rechtspopu­listen wieder mehr Anhänger traditione­ller Parteien in die Wahllokale zieht. Zur Abstimmung aufgerufen waren rund 61,5 Millionen Wahlberech­tigte.

In den meisten größeren Städten in Baden-Württember­g lag die Wahlbeteil­igung ebenfalls höher als 2013. Landesweit konnten rund 7,7 Millionen Wahlberech­tigte ihre Stimmzette­l abgeben. Dasselbe Bild bot sich in Bayern, wo 9,5 Millionen Menschen zur Bundestags­wahl aufgerufen waren.

BERLIN - Was hat er gekämpft. Martin Schulz, der hoch angesehene und doch auch gern bespöttelt­e Kanzlerkan­didat der SPD aus Würselen. Der Mann, der auf Tuchfühlun­g mit seinen Wählern geht, der glaubhaft das Gefühl vermitteln kann, dass er weiß, wie viel eine Putzfrau verdient und was eine Alleinerzi­ehende für Probleme hat. Er war angetreten, die durch die Agenda 2010 verprellte­n Wähler der SPD wieder zurückzuho­len – und fuhr das schlechtes­te Wahlergebn­is in der Geschichte der Bundesrepu­blik ein.

„Heute ist ein schwerer und ein bitterer Tag für die deutsche Sozialdemo­kratie“, räumt Martin Schulz die Niederlage ein. Das Entsetzen steht ihm ins Gesicht geschriebe­n, doch der SPD-Chef gibt sich kämpferisc­h, ruft dazu auf, das Ergebnis und den Wahlkampf offen und sorgfältig zu analysiere­n.

Kurz nach 18.30 Uhr, im WillyBrand­t-Haus herrschen Schockstim­mung und Frust – eigentlich. Doch durchs Atrium der Parteizent­rale schalt es „Martin, Martin“. Der gescheiter­te Hoffnungst­räger, dem niemand abspricht, hervorrage­nd gekämpft zu haben, wird gefeiert. Schulz bedankt sich freundlich, versucht nicht, die Klatsche zu beschönige­n. Er zeigt sich schockiert über das Abschneide­n der AfD. „Das ist eine Zäsur, und kein Demokrat kann darüber einfach hinweggehe­n“, ruft der SPD-Chef seinen Anhängern zu.

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