Friedrichsau wird zur Großbaustelle
Auf zwei Kilometern entstehen bis zu 1,5 Meter hohe Deiche und sogar Inseln im Fluss
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ULM - Die gute Stube Ulms wird ihr Gesicht verändern: Bis April kommenden Jahres werden die Bauarbeiten für umfangreiche Hochwasserschutzmaßnahmen andauern. Auf einer Länge von etwa zwei Kilometern entstehen bis zu anderthalb Meter hohe Deiche. „Wir bauen keine Mauern wie Neu-Ulm“, sagte Baubürgermeister Tim von Winning beim Spatenstich. Eine „weiche, landschaftliche Gestaltung“solle es stattdessen werden. In Neu-Ulm sei dies aus Platzgründen nicht möglich gewesen, doch die weiträumige Ulmer Friedrichsau lasse dies zu.
Etwa 1,9 Millionen Euro investieren das Land Baden-Württemberg (900 000 Euro), die Stadt (400 000 Euro) und die Stadtwerke (600 000 Euro) in den Bau der Anlagen, die die Au vor einem Hochwasser schützen soll, wie es im Schnitt alle 100 Jahre vorkommt. Zuletzt waren die Wiesen in der Au 1999 und 2005 nur mit Booten befahrbar.
Die Wallanlagen beginnen auf Höhe des Hans-Lorenser-Sportzentrums mit einer Deichhöhe von etwa 90 Zentimetern. Im mittleren Bereich am Festplatz steigen die Deiche auf bis zu anderthalb Meter an um am Ende der Anlage in einer Höhe von 60 Zentimetern zu enden.
Wie Hans Jürgen Baron, der verantwortliche Landschaftsarchitekt, sagte, werde keine sichtbare technische Anlage errichtet, sondern Landschaft geformt. Die Deiche würden ganz flach ansteigen, sodass sie kaum als solche zu erkennen seien. Die beliebte Liegewiese auf Höhe des SSVBads könne etwa wie bisher genutzt werden.
Die Seele der Friedrichsau bewahren
Etwas weiter donauabwärts werden die Reste des Forts Friedrichsauin die Wallanlagen integriert, sodass auch hier der Deich eher unauffällig sei. „Es wird gelingen, die Seele der Friedrichsau zu bewahren“, sagte Regierungspräsident Klaus Tappeser. Als Besucher der Schwörmontagsfeierlichkeiten wisse er, wie vorsichtig man mit diesem besonderen Ulmer Bereich umgehgen müsse.
Insgesamt müssten 30 Bäume gefällt werden. Der Verlust sei verschmerzbar, wie von Winning betonte. Acht Stück könnten verpflanzt werden und neun seien „vorgeschädigt“und hätten ohnehin aus Sicherheitsgründen weichen müssen. Nach Beendigung der Bauarbeiten im April kommenden Jahres werde es mehr Bäume in der Au geben als derzeit: 70 neue Bäume seien eingeplant. „Die Donau-Allee wird wieder komplett hergestellt“, versprach von Winning.
Am Ende der Deichanlagen im Bereich nach der Musterhaussiedlung werde die Donau so naturnah erlebbar sein wie lange nicht mehr: Es sollen Flachwasserzonen gebaut werden, die wichtiges Rückzugsgebiete für Fische sind. Einige „prächtige Erlen“sollen auf Inseln in der Donau erhalten bleiben. Erhalten bleibt auch der Radweg entlang der Donau. Während der gesamten Bauzeit wird der Weg im Bereich der Baustelle allerdings gesperrt sein.
1999 nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt
Ulm schließt mit dem Hochwasserschutz zu Neu-Ulm auf. Die bayerische Schwesterstadt hatte 1999 und 2005 bei den jüngsten Hochwasserereignissen Millionenschäden zu beklagen. Beim Jahrhunderthochwasser an Pfingsten 1999 ist das Industriegebiet Donautal nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Deshalb wurde damals der Hochwasserschutz für das größte Industriegebiet Südwürttembergs für drei Millionen Euro so verbessert, dass er sogar einer 200-jährlichen Flut standhalten würde.