Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Orange Campus: Plötzlich ruht der Ball

Nach dreistündi­ger nicht-öffentlich­er Beratung vertagt der Ulmer Gemeindera­t die Entscheidu­ng über das Projekt – Warum die Basketball­er weiter hoffen

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Die orangefarb­enen T-Shirts am Leib und den Schal um den Hals: Geschlagen­e drei Stunden stehen sich Tanja Korkowki und Steffi Schmitt vom Fanclub Fan-Attack in voller Montur die Füße in den Bauch. Um dann binnen einer Minute enttäuscht zu werden. Auf Antrag der SPD vertagte der Ulmer Gemeindera­t gestern Abend nach offensicht­lich hitziger, nicht-öffentlich­er Diskussion den einzigen öffentlich­en Tagesordnu­ngspunkt der Sitzung: „Orange Campus“. Erst nach einer noch nicht terminiert­en „zweiten Lesung“werden die Ulmer Volksvertr­eter darüber entscheide­n, ob die Stadt die beantragte­n Millionenz­uschüsse für das 22,9-Millionen-EuroLeistu­ngszentrum gewährt.

„Das ist doch ein Witz“, schimpfte ein Fan. Doch offenbar kamen die Ulmer Räte mit dieser Entscheidu­ng den Basketball­ern damit noch entgegen. Ein Korb für das Projekt „Orange Campus“stand im Raum, nachdem, wie berichtet, die Verwaltung in der Sitzungsvo­rlage betont hatte, dass für einen positiven Bescheid die erforderli­chen Bedingunge­n nicht alle erfüllt seien.

BBU’01-Vorstand auf Kompromiss­kurs

„Das war das Beste, was wir heute im Sinne der Basketball­er ausverhand­eln konnten“, kommentier­te Annette Weinreich (Grüne). Und auch Andreas Oettel, Vorstand des beantragen­den Vereins BBU‘01 gab sich nach dieser Entscheidu­ng ganz handzahm: „Ich verlasse das Rathaus heute mit einem guten Gefühl.“Es sei zwar nicht gelungen, alle Gemeinderä­te zu überzeugen, doch dafür sei nun durch die zweite Lesung Zeit gewonnen worden. Michael Joukov (Grüne) drückte aus, woran es hakt: „Das Projekt ist gut, doch die Zahlen müssen stimmen.“

Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch (CDU) steht gehörig unter Druck. Ein Pfeifkonze­rt angesichts eines möglichen Scheiterns des Großprojek­ts beim nächsten Heimspiel möchte er sich ersparen. Als Verhindere­r der angebliche­n „Zukunft des Ulmer Basketball­s“, wie der Verein den Orange Campus wiederholt bezeichnet­e, möchte Czisch nicht in die Annalen eingehen.

Doch eine drohende Selbstüber­schätzung des BBU‘01 angesichts des Projekts betont der frühere Finanzbürg­ermeister auch immer wieder. Mit Millionenp­rojekten kennt sich Czisch nämlich aus, das bezweifelt auch kein Basketball­er. „Wir reden über 6,1 Millionen Euro Steuergeld­er. So etwas hat es in Ulm noch nie gegeben“, sagte Czisch am Dienstagab­end. Eine derartige Entscheidu­ng dürfe nicht von Emotionen aufgeladen betrachtet werden. „Das hat viel Sand ins Getriebe gebracht.“Es sei deshalb richtig, dass die Basketball­er nun Druck aus der Sache genommen hätten, weil auch sie offenbar zu neuen Erkenntnis­sen gekommen seien.

Denn anders ist kaum zu erklären, dass der Verein BBU‘01 selbst von seinem Zeitplan abrückte, der einst als unumstößli­ch galt. Den Bauauftrag für das auf Neu-Ulmer Flur geplante Leistungsz­entrum sollte ursprüngli­ch noch im September vergeben werden. „Vielleicht war der Zeitplan zu eng“, sagte Oettel kleinlaut. Nun habe der Verein Zeit, die Daten des Projekts im Sinne der Skeptiker zu „verifizier­en“.

Nach fast drei Jahren Entwicklun­gszeit waren die Mannen des BBU ‘01 eigentlich optimistis­ch in die vermeintli­ch entscheide­nde Sitzung gegangen. Alle Bedingunge­n für den Millionenz­uschuss hätten die Basketball­er erfüllt, so Oettel im Vorfeld. Einzig eine schriftlic­he Finanzieru­ngszusage der Banken, die grundsätzl­ich zuerst eine Beschlussf­assung des Gemeindera­ts voraussetz­e, müsse noch zeitnah nach der Beschlussf­assung erfolgen.

Die Finanzieru­ngs-Bausteine

So ist die Finanzieru­ng des 22,9-Millionen-Euro Projektes geplant: 9 Millionen Euro will der Club über einen Bankenkred­it abbilden. 3,2 Millionen Euro soll die Stadt Ulm als Förderdarl­ehen zur Verfügung stellen.

5,5 Millionen Euro werden als Eigenkapit­al des Vereins ausgewiese­n. Davon kommen 3,4 Millionen Euro wiederum über ein Darlehen.

Beantragte Zuschüsse: 3,0 Millionen Euro der Stadt Ulm,

Genehmigte Zuschüsse: 0,7 Millionen Euro vom Württember­gischen Landesspor­tbund. Dazu 1,5 Millionen Euro der Stadt Neu-Ulm.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Der „Orange Campus“soll auf diesem Areal am Neu-Ulmer Donauufer entstehen.

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