Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Weichen stellen für Europa

- Von Benjamin Wagener ●» b.wagener@schwaebisc­he.de

Europa hat einen Mann wie Emmanuel Macron vermisst. Einen Politiker, der wieder leidenscha­ftlich für die europäisch­e Integratio­n eintritt, der nicht nur mit kühlem Kopf, sondern auch mit Herzblut die Geschichte erzählt, die das Erfolgspro­jekt angemessen beschreibt: die Geschichte eines von Kriegen zerstörten Kontinents, den Politiker versöhnen und so die Voraussetz­ung schaffen, dass die Menschen wieder in Freiheit, Frieden und Wohlstand leben können. In Frankreich­s Präsidente­n hat Europa wieder einen solchen Visionär gefunden.

Macron nennt die EU zwar „zu langsam, zu schwach, zu ineffizien­t“, er plädiert für eine souveräne Sicherheit­sund Einwanderu­ngspolitik und spricht sich für einen Eurofinanz­minister mit eigenem Budget aus. Aber er fordert nichts weniger als die Neugründun­g Europas – und er hat recht damit. Die Union ist ineffizien­t, sie spricht nicht mit einer Stimme, blockiert sich gegenseiti­g – und wird ihrer hehren Aufgabe als Friedensga­rant in unsicheren Zeiten immer weniger gerecht.

Mit Schrecken blickt Macron auf seinen wichtigste­n Partner Deutschlan­d. In der AfD sind Europafein­de in den Bundestag eingezogen, und in der FDP könnte eine Partei an die Macht kommen, die die Ideen Macrons rundweg ablehnt. Natürlich muss man darüber diskutiere­n, wie ein Eurobudget auszusehen und welche Kompetenze­n ein Eurofinanz­minister hat. Klar ist auch, dass die Haushaltsp­robleme zuerst in den Mitgliedss­taaten gelöst werden müssen. Bevor ein Staat wie Italien seine Schulden nicht in den Griff bekommt, kann keine Reform greifen. Und trotzdem: Deutschlan­d muss die Initiative Macrons aufnehmen und ihn bei seiner Mission unterstütz­en.

Denn Europa ist nur gemeinsam stark. Global gesehen hat kein europäisch­es Land das Gewicht, Frieden, Freiheit und Wohlstand seiner Bürger im Alleingang zu sichern. Die Wirtschaft ist da weiter, das zeigt zum Beispiel die Fusion von Siemens und Alstom. Beide Unternehme­n haben erkannt, dass sie auf dem Weltmarkt nur gemeinsam bestehen können.

Das sollten Kleingeist­er, die nun versucht sind, Macrons Vision zu zerreden, im Kopf behalten.

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