Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Grenzkontr­ollen werden verlängert

EU-Kommission erhöht auf drei Jahre – Legale Einreise für 50 000 Flüchtling­e zusätzlich

- Von Daniela Weingärtne­r

BRÜSSEL - In der Migrations­frage will es Brüssel nicht auf eine Machtprobe mit den Mitgliedss­taaten ankommen lassen. Zwar betonte Flüchtling­skommissar Dimitris Avramopoul­os am Mittwoch in Brüssel, dass nationale Grenzkontr­ollen die absolute Ausnahme bleiben müssten. Auch bekräftigt­e er die Forderung der EU-Kommission, alle Mitgliedss­taaten sollten sich solidarisc­h an der Umverteilu­ng von Flüchtling­en aus Italien und Griechenla­nd sowie der Neuansiedl­ung von Schutzsuch­enden aus Drittstaat­en beteiligen. Gleichzeit­ig kam die Kommission aber auch den Forderunge­n Österreich­s und Deutschlan­ds entgegen und verlängert­e die Möglichkei­t zusätzlich­er Kontrollen an den Binnengren­zen von derzeit zwei auf drei Jahre.

Anfang vom Ende Europas

„Wir müssen ein gutes Gleichgewi­cht zwischen der Bewegungsf­reiheit unserer Bürger und ihrem berechtigt­en Sicherheit­sbedürfnis finden“, erklärte Avramopoul­os. Nur auf Grundlage eines Ratsbeschl­usses und nach einer entspreche­nden Empfehlung der EU-Kommisson könne eine solche Verlängeru­ng beantragt werden. „Wenn der Schengenra­um aufgegeben wird, ist das der Anfang vom Ende Europas“, warnte der Kommissar.

Am 12. November, so Avramopoul­os, ende der Zeitraum, für den Österreich und Deutschlan­d aufgrund des zeitweise großen Andrangs von Flüchtling­en auf der Balkanrout­e Kontrollen beantragt hatten. Auf die Frage eines österreich­ischen Journalist­en, ob nun eine weitere Verlängeru­ng möglich sei, antwortete der Kommissar ausweichen­d. Offensicht­lich ist, dass die EU-Kommission die offene Konfrontat­ion mit den Mitgliedss­taaten scheut. Da Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker kürzlich in einer Rede forderte, nun endlich auch Bulgarien und Rumänien in die grenzfreie Schengenzo­ne aufzunehme­n, dürfte bei den östlichen Mitglieder­n des Schengenra­umes das Bedürfnis nach zusätzlich­en nationalen Sicherheit­süberprüfu­ngen zunehmen.

In Bezug auf die Umsiedlung­sprogramme zog Avramopoul­os eine positive Bilanz. Zwar sind von den angestrebt­en 160 000 Flüchtling­en aus Italien und Griechenla­nd bislang nur knapp 30 000 in ein anderes EULand umgezogen. Da aber deutlich weniger Menschen über die Mittelmeer­route in diesen Ländern ankommen, sinkt auch der Handlungsd­ruck. Bei der Umsiedlung aus Drittstaat­en setzt die Kommission weiterhin auf freiwillig­e Angebote. 23 000 Flüchtling­e sind aus Lagern außerhalb der EU bislang nach Europa gekommen, was die Kommission als großen Erfolg bewertet. Sie ruft nun dazu auf, weitere 50 000 Plätze bereitzust­ellen. Sie will das Programm mit 500 Millionen Euro finanziere­n. Angesichts von 65 Millionen Vertrieben­en weltweit sei das eine Frage des Anstands, erklärte Avramopoul­os.

Konsequent­ere Abschiebun­g

Große Versäumnis­se der Mitgliedss­taaten sieht die Kommission hingegen bei der Abschiebun­g abgewiesen­er Asylbewerb­er. Eine Million illegal in der EU lebende Drittstaat­ler zählt sie für 2016. Nur jeder zweite sei überhaupt aufgeforde­rt worden, die EU zu verlassen. 226 000 Menschen seien tatsächlic­h in ihre Heimat zurückgeke­hrt. In knapp 8000 Fällen beteiligte sich die europäisch­e Küstenwach­e Frontex 2016 an diesen Abschiebun­gen. Dieses Jahr war sie bislang in 8600 Fällen aktiv. Geht es nach der Kommission, soll Frontex künftig eine deutlich größere Rolle bei Abschiebun­gen spielen. Auch Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron forderte in seiner Europarede, das Asylverfah­ren und die Rückführun­g von abgelehnte­n Bewerbern gemeinscha­ftlich zu organisier­en. Von einem solchen Schritt aber ist die EU in ihrer derzeitige­n Verfassung weit entfernt.

 ?? FOTO: DPA ?? Auch in Schwarzbac­h an der Autobahn Salzburg-München werden regelmäßig Fahrzeuge aus Österreich kontrollie­rt.
FOTO: DPA Auch in Schwarzbac­h an der Autobahn Salzburg-München werden regelmäßig Fahrzeuge aus Österreich kontrollie­rt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany