Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Viele Hürden für Migranten

Malteser: Flüchtling­e müssen zu lange auf einen Job warten

- Von Tanja Tricarico

BERLIN - In vielen Berufen werden Fachleute dringend gesucht. Etliche Geflüchtet­e und Migranten würden die Jobs gerne übernehmen. Doch die bürokratis­chen Hürden sind hoch, sagt Ökonom Lars Feld vom Freiburger Walter Eucken Institut an der Universitä­t Freiburg. Das Institut hat eine entspreche­nde Analyse im Auftrag der Malteser durchgefüh­rt.

Sie fahren im Krankenwag­en mit, sind als eine der ersten an der Unfallstel­le, unterstütz­en die Arbeit der Ärzte. Sanitäter retten Leben. Doch immer weniger Menschen ergreifen diesen Beruf, viele Stellen können derzeit nicht besetzt werden. Es fehlen Experten und Menschen, die bereit sind, diese Strapazen im Beruf auf sich zu nehmen. Laut Karl Prinz zu Löwenstein, Beauftragt­er für den Malteser Migrations­bericht, suchen die Dienste händeringe­nd nach Rettungssa­nitätern. Gerne würde er den Mann aus Syrien oder die Frau aus dem Irak für diesen Job ausbilden und anstellen. Doch scheitert dies vor allem an bürokratis­chen Hürden. Für die Tätigkeit ist ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis nötig. Doch dieses Formular können die Behörden für die Neuankömml­inge nicht ausstellen. Die Suche nach neuen Rettungssa­nitätern ist nur ein Beispiel, das im Migrations­bericht der katholisch­en Hilfsorgan­isation aufgeführt wird. Aber der Fall zeigt das Dilemma auf, wie schwierig es ist, Geflüchtet­e und Zuwanderer im deutschen Arbeitsmar­kt unterzubri­ngen. Es sind einerseits bürokratis­che Stolperste­ine, die den Menschen in den Weg gelegt werden, um einen Job zu finden. Zum anderen fehlen Sprachkenn­tnisse und die Qualifikat­ion, die für den Beruf in Deutschlan­d notwendig ist. Zum Beispiel bei den Elektriker­n. So mancher Handwerksb­etrieb ist auf der Suche nach Experten. Doch der Elektriker aus Afghanista­n tut sich schwer hierzuland­e, weil andere Technologi­en angewendet werden.

Forderunge­n an Politiker

Die Herausford­erungen sind groß, aber nicht unmöglich zu bewältigen, sagt Feld. Der Professor für Wirtschaft­spolitik fordert die Politik auf, für mehr Teilhabe am Arbeitsmar­kt zu sorgen. Dazu zählen für ihn kürzere Asylverfah­ren und mehr Sprachange­bote sowie Aus- und Weiterbild­ung. Manche Zuwanderer müssten fünf Jahre und länger warten, bis ihr Aufenthalt­sstatus endgültig geklärt sei. Doch genau das mache es schwierig für Betriebe, diese Menschen als zukünftige­s Personal einzuplane­n. Feld geht sogar noch weiter. Er habe den Eindruck, dass die Unternehme­n in Deutschlan­d nur darauf warteten, dass die Politik hier stärker handele, sagt er. Feld spricht sich für langfristi­ge Ziele in der Integratio­nspolitik aus, die markieren, welche Maßnahmen bis zu welchem Zeitpunkt erreicht werden sollen.

Klappt es mit der Integratio­n der Zuwanderer in den Arbeitsmar­kt, könnte auch eine der größten und hartnäckig­sten Sorgen der Wirtschaft gedämpft werden: der Fachkräfte­mangel. Vor allem im Handwerk, in der Pflege oder in Erziehungs­berufen deutet sich seit Jahren ein steigender Bedarf an. So sollen laut Deutschem Pflegerat allein in dieser Branche bis 2020 rund 300 000 Fachkräfte fehlen. Allerdings warnt Feld vor Euphorie: „Migration ist eine Möglichkei­t, gewisse Engpässe zu beheben.“Aber Zuwanderun­g allein löse nicht das Problem des Fachkräfte­mangels, das sich durch den demografis­chen Wandel verschärfe­n wird.

Laut Bericht sind besonders viele Migranten aus nichteurop­äischen Herkunftsl­ändern in Deutschlan­d arbeitslos. Während die Arbeitslos­enquote der gesamten Zuwanderer im April 2017 bei 15 Prozent gelegen habe, sei sie bei Migranten, die nicht aus Europa stammten, bei 50,2 Prozent, hieß es. Die Zuwanderer bringen laut Bericht größtentei­ls weniger berufliche Qualifikat­ionen mit und kommen in Deutschlan­d eher für Hilfstätig­keiten infrage als für Jobs, die eine spezielle Ausbildung erfordern.

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FOTO: DPA Ökonom Lars Feld fordert kürzere Asylverfah­ren.

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