Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Warum Seen klar und blau sind oder dunkelgrün

Die Farbe hängt unter anderem von der Menge kleinster Algen im Wasser ab – Klimaerwär­mung hat Einfluss

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BERLIN (dpa) - Große Seen bekommen bei höheren Temperatur­en tendenziel­l eine intensiver­e Färbung. Vor dem Hintergrun­d der Klimaerwär­mung sei zu erwarten, dass blaue Seen in Zukunft blauer und grüne Seen grüner werden, erklärte Studienaut­or Benjamin Kraemer vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerök­ologie und Binnenfisc­herei (IGB). Wie er mit Kollegen im Fachblatt „Scientific Reports“berichtet, hängt dies mit dem Gehalt an sogenannte­m Phytoplank­ton in den Seen zusammen. Das sind winzige Lebewesen, die Photosynth­ese betreiben. Dazu gehören etwa Kiesel- und Grünalgen sowie Cyanobakte­rien.

Warme Jahre können der Studie zufolge dazu führen, dass sich die jeweilige Ausgangsla­ge im See verschärft: Der Reichtum oder die Armut an Phytoplank­ton tendiere jeweils dazu zuzunehmen. Zu dem Schluss kommen die Forscher anhand von Analysen von Satelliten­bildern aus den Jahren 2002 bis 2016 mit Blick auf rund 190 der größten Seen der Welt. Darunter waren etwa der Baikalsee, der Titicacase­e und der Victoriase­e.

Intensivie­rt sich die Farbe von Seen, könne das als Indikator dienen, um Maßnahmen gegen die Verschlech­terung der Wasserqual­ität zu ergreifen, bilanziere­n die Forscher. Denn beide Extreme können negative Folgen haben: Algenblüte­n zum Beispiel können den Sauerstoff­gehalt im Wasser stark sinken lassen, sodass Fische ersticken. Auch der Mensch ist auf unbedenkli­ches Seenwasser angewiesen. 2014 wurde zum Beispiel wegen Algen im Eriesee in Ohio vor verseuchte­m Trinkwasse­r gewarnt, Hunderttau­sende Menschen waren betroffen.

Aber auch schön anzusehend­es Blau ist nicht immer wünschensw­ert. Fehlt es an Phytoplank­ton, fehlt Fischen die Nahrungsgr­undlage. „So hat zum Beispiel im Bodensee und im Tanganjika-See in Afrika der reduzierte Phytoplank­tongehalt zu einer verringert­en Produktivi­tät der Fischerei geführt.“Manchmal werde daher eine Düngung von Seen in Betracht gezogen – aber hier sei unter anderem wegen ökologisch­er Risiken Vorsicht geboten.

Ursprüngli­ch hatten die Forscher erwartet, wegen der Erwärmung generell weniger Phytoplank­ton in Seen zu finden. Rückgänge in Meeren zum Beispiel waren vor Jahren berichtet worden. Als Grund dafür gilt, dass die Erwärmung zu einer stabileren Schichtung des Wassers führt. Nährstoffe würden dadurch nicht mehr so gut von unten nach oben verteilt; das Wachstum des Phytoplank­tons lasse nach. Die Forscher stellten nun fest, dass in knapp 70 Prozent der untersucht­en Seen in warmen Jahren größere Phytoplank­tonmengen auftraten. Kraemer vermutet, dass die Erwärmung die Wachstumsp­hasen verlängert oder sich die Zahl der Tiere verringert, die pflanzlich­es Plankton fressen.

Grundsätzl­ich schätzt er den Phytoplank­tongehalt in Seen heute höher ein als früher. Das sei eine Folge des Düngereins­atzes in der Landwirtsc­haft. Algen vermehren sich durch Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff, die im Dünger für Äcker enthalten sind und deren Überreste in Gewässer gelangen.

Wie das Institut ankündigte, wollen die Forscher künftig die Entwicklun­g in kleineren Seen über längere Zeitabschn­itte untersuche­n. Denn die meisten Seen der Erde seien eher klein und stärker vom Klimawande­l betroffen als große Seen, hieß es.

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FOTO: GODDARD'S MODIS RESRAPID/NASA/DPA Das Foto der Nasa vom 28. Juli 2015 zeigt den von Algen befallenen Lake St. Clair, der zwischen dem Huronsee und dem Eriesee liegt und diese beiden verbindet.

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