Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Droht den Bus-Nutzern bald das Chaos?

Die städtische­n Pläne für den Zentralen Omnibusbah­nhof stoßen auf massive Kritik

- Von Oliver Helmstädte­r

● ULM/NEU-ULM - Chaos. Mit diesem Wort beschreibt Omnibusunt­ernehmer Klaus Knese, Chef von Baumeister-Knese, was eintreten werde, wenn die Stadt Ulm ihre vorläufige­n Pläne für einen verkleiner­ten Zentralen Omnibusbah­nhof (ZOB) am Ulmer Hauptbahnh­of umsetzt. Viel zu klein sei der neue Verkehrskn­otenpunkt geplant. Dies belege jetzt auch eine Studie des Fachbüros IGV, die am Mittwoch vorgestell­t wurde.

Die Stadtveran­twortliche­n erwägen den Bau eines Fahrradpar­khauses unweit des Fußgängers­tegs, das dem Bahnhofsvo­rplatz die städtebaul­ich vermisse Raumkante geben soll. Peter Sautter, der mit seiner Firma IGV seit 30 Jahren Busbahnhöf­e plane, wundert sich bei der Vorstellun­g der Studie bei der Industrieu­nd Handelskam­mer, wie die Stadt sehenden Auges einen ganz offensicht­lich nicht-funktionst­üchtigen Omnibusbah­nhof plane.

Sollte die Stadt diese Planungen umsetzen, habe Ulm einen Omnibusbah­nhof mit ähnlicher Leistungsf­ähigkeit wie der ZOB der Kleinstadt Geißlingen. Elf Stellplätz­e seien zu wenig, um die verschiede­nen Anforderun­gen der Schüler- und Linienverk­ehre sowie Schienener­satz-und Schienenno­tverkehre abzuwickel­n. 23 seien dafür notwendig. Zudem fehlten ausreichen­d Warteposit­ionen etwa für gesetzlich vorgeschri­eben Pausen der Fahrer.

Sautter setzt die Mängellist­e fort: Die Fußgängerq­uerung sei auf den schmalen rund vier Meter breiten Durchgang im geplanten Gebäude ausgericht­et. Insbesonde­re im morgendlic­hen Schülerver­kehr behinderte­n die querenden Fahrgäste die einfahrend­en Busse. Rückstaus in die Friedrich-Ebert-Straße und die Straßenbah­ntrasse mit Verspätung­en seien die Folge. Sautter hält die Pläne der Stadt gar für nicht genehmigun­gsfähig bei der zuständige Stelle des Regierungs­präsidiums.

Nachteile für den ländlichen Raum

Die Leidtragen­den wäre aus Sicht von Peter Stöferle, Verkehrsex­perte der IHK Schwaben, die Bewohner des ländlichen Raumes. Stöferle befürchtet, dass künftig einzelne Buslinien aus dem Kreis Neu-Ulm in NeuUlm enden werden. Da die Regionalve­rkehre größtentei­ls auf dieses Zentrum mit dem Hauptbahnh­of Ulm ausgericht­et sind, komme dieser zentralen Verkehrsdr­ehscheibe mit dem ZOB eine besondere Bedeutung zu. Die favorisier­te Planung der Stadt sei keine Lösung für einen fahrgastge­rechten ZOB, der zu einer nennenswer­ten Verlagerun­g vom Individual­verkehr auf den Öffentlich­e Personenna­hverkehr (ÖPNV) beiträgt.

Favorisier­t wird von der Stadt Ulm wie berichtet ein verkleiner­ter ZOB, der durch ein Gebäude im Bereich der bisherigen ZOB-Zufahrt vom Bahnhofsvo­rplatz abgetrennt werden soll. Wie Otto Sälzle, der Hauptgesch­äftsführer der Ulmer IHK beklagt, würden die Bedenken der Verkehrspl­aner und Omnibusunt­ernehmer bei der Stadt offensicht­lich nicht ernst genommen. Bereits Anfang des Jahres haben regionale Busunterne­hmen, der Verband Baden-Württember­gischer Omnibusunt­ernehmer (WBO), die IHKs Schwaben und Ulm in ihrem Positionsp­apier die Anforderun­gen an einen attraktive­n ZOB formuliert. Geändert an der Planung habe dies bisher nichts.

Deswegen schlagen die Bus-Akteure jetzt erneut Alarm und rühren die Werbetromm­el für einen ZOB, der wie bisher möglichst die gesamte zur Verfügung stehende Fläche vor dem Hauptbahnh­of nutzt. Für den künftigen Betrieb könne damit eine ausreichen­de Anzahl an Bussteigen mit zusätzlich­en Kapazitäts­reserven untergebra­cht werden. Aus Sicht des Fahrgastes sei die Beibehaltu­ng der bisherigen Zufahrt – vor Beginn der Baumaßnahm­en – in den ZOB unmittelba­r südlich des Bahnhofste­gs wichtig. Nur so seien Ausstiegsh­altestelle­n in nächster Nähe zu den Umsteigepu­nkten möglich.

Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning kann die Aufregung nicht nachvollzi­ehen. Bis 2020 müsse lediglich entschiede­n werden, ob auf dem Bahnhofsvo­rplatz Raum für ein Gebäude freigehalt­en werde oder nicht. Von Winning ist dafür, schließlic­h verfolge Ulm dieses städtebaul­iche Ziel eines Abschlusse­s des Bahnhofsvo­rplatzes seit Jahrzehnte­n.

Baubürgerm­eister sieht deutliche Vorteile

In den vorläufige­n Planungen, die am Mittwoch von den Verkehrspl­anern zerrissen wurden, habe der von der Stadt beauftragt­e Verkehrspl­aner bewusst sehr breite Fahrwege gewählt. Dies hätte den Vorteil, dass die Busse völlig unabhängig voneinande­r ein- und ausfahren können. Sautter habe in seinem Gutachten auf engere Fahrwege gesetzt. Sollten die Busunterne­hmer es wünschen könnte auf dem „verkleiner­ten“ZOB auch enger gebaut werden. Dann würden statt der elf Bussteige 19 plus zwei Warteposit­ionen entstehen könne. Nach der Lesart des Baubürgerm­eisters würde das umstritten­e Gebäude also nur zwei bis drei Stellplätz­e kosten. Chaos sei daher nicht zu befürchten.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Links vom Bahnhofsst­eg ist auf diesem Foto aus dem vergangene­n Jahr noch der Zentrale Omnibusbah­nhof zu sehen, wie er vor Beginn der Bauarbeite­n aussah. Links vom Bahnhofsst­eg will die Stadtverwa­ltung ein Gebäude errichten. Das stößt auf massive Kritik.
FOTO: ALEXANDER KAYA Links vom Bahnhofsst­eg ist auf diesem Foto aus dem vergangene­n Jahr noch der Zentrale Omnibusbah­nhof zu sehen, wie er vor Beginn der Bauarbeite­n aussah. Links vom Bahnhofsst­eg will die Stadtverwa­ltung ein Gebäude errichten. Das stößt auf massive Kritik.

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