Droht den Bus-Nutzern bald das Chaos?
Die städtischen Pläne für den Zentralen Omnibusbahnhof stoßen auf massive Kritik
● ULM/NEU-ULM - Chaos. Mit diesem Wort beschreibt Omnibusunternehmer Klaus Knese, Chef von Baumeister-Knese, was eintreten werde, wenn die Stadt Ulm ihre vorläufigen Pläne für einen verkleinerten Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) am Ulmer Hauptbahnhof umsetzt. Viel zu klein sei der neue Verkehrsknotenpunkt geplant. Dies belege jetzt auch eine Studie des Fachbüros IGV, die am Mittwoch vorgestellt wurde.
Die Stadtverantwortlichen erwägen den Bau eines Fahrradparkhauses unweit des Fußgängerstegs, das dem Bahnhofsvorplatz die städtebaulich vermisse Raumkante geben soll. Peter Sautter, der mit seiner Firma IGV seit 30 Jahren Busbahnhöfe plane, wundert sich bei der Vorstellung der Studie bei der Industrieund Handelskammer, wie die Stadt sehenden Auges einen ganz offensichtlich nicht-funktionstüchtigen Omnibusbahnhof plane.
Sollte die Stadt diese Planungen umsetzen, habe Ulm einen Omnibusbahnhof mit ähnlicher Leistungsfähigkeit wie der ZOB der Kleinstadt Geißlingen. Elf Stellplätze seien zu wenig, um die verschiedenen Anforderungen der Schüler- und Linienverkehre sowie Schienenersatz-und Schienennotverkehre abzuwickeln. 23 seien dafür notwendig. Zudem fehlten ausreichend Wartepositionen etwa für gesetzlich vorgeschrieben Pausen der Fahrer.
Sautter setzt die Mängelliste fort: Die Fußgängerquerung sei auf den schmalen rund vier Meter breiten Durchgang im geplanten Gebäude ausgerichtet. Insbesondere im morgendlichen Schülerverkehr behinderten die querenden Fahrgäste die einfahrenden Busse. Rückstaus in die Friedrich-Ebert-Straße und die Straßenbahntrasse mit Verspätungen seien die Folge. Sautter hält die Pläne der Stadt gar für nicht genehmigungsfähig bei der zuständige Stelle des Regierungspräsidiums.
Nachteile für den ländlichen Raum
Die Leidtragenden wäre aus Sicht von Peter Stöferle, Verkehrsexperte der IHK Schwaben, die Bewohner des ländlichen Raumes. Stöferle befürchtet, dass künftig einzelne Buslinien aus dem Kreis Neu-Ulm in NeuUlm enden werden. Da die Regionalverkehre größtenteils auf dieses Zentrum mit dem Hauptbahnhof Ulm ausgerichtet sind, komme dieser zentralen Verkehrsdrehscheibe mit dem ZOB eine besondere Bedeutung zu. Die favorisierte Planung der Stadt sei keine Lösung für einen fahrgastgerechten ZOB, der zu einer nennenswerten Verlagerung vom Individualverkehr auf den Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) beiträgt.
Favorisiert wird von der Stadt Ulm wie berichtet ein verkleinerter ZOB, der durch ein Gebäude im Bereich der bisherigen ZOB-Zufahrt vom Bahnhofsvorplatz abgetrennt werden soll. Wie Otto Sälzle, der Hauptgeschäftsführer der Ulmer IHK beklagt, würden die Bedenken der Verkehrsplaner und Omnibusunternehmer bei der Stadt offensichtlich nicht ernst genommen. Bereits Anfang des Jahres haben regionale Busunternehmen, der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO), die IHKs Schwaben und Ulm in ihrem Positionspapier die Anforderungen an einen attraktiven ZOB formuliert. Geändert an der Planung habe dies bisher nichts.
Deswegen schlagen die Bus-Akteure jetzt erneut Alarm und rühren die Werbetrommel für einen ZOB, der wie bisher möglichst die gesamte zur Verfügung stehende Fläche vor dem Hauptbahnhof nutzt. Für den künftigen Betrieb könne damit eine ausreichende Anzahl an Bussteigen mit zusätzlichen Kapazitätsreserven untergebracht werden. Aus Sicht des Fahrgastes sei die Beibehaltung der bisherigen Zufahrt – vor Beginn der Baumaßnahmen – in den ZOB unmittelbar südlich des Bahnhofstegs wichtig. Nur so seien Ausstiegshaltestellen in nächster Nähe zu den Umsteigepunkten möglich.
Ulms Baubürgermeister Tim von Winning kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Bis 2020 müsse lediglich entschieden werden, ob auf dem Bahnhofsvorplatz Raum für ein Gebäude freigehalten werde oder nicht. Von Winning ist dafür, schließlich verfolge Ulm dieses städtebauliche Ziel eines Abschlusses des Bahnhofsvorplatzes seit Jahrzehnten.
Baubürgermeister sieht deutliche Vorteile
In den vorläufigen Planungen, die am Mittwoch von den Verkehrsplanern zerrissen wurden, habe der von der Stadt beauftragte Verkehrsplaner bewusst sehr breite Fahrwege gewählt. Dies hätte den Vorteil, dass die Busse völlig unabhängig voneinander ein- und ausfahren können. Sautter habe in seinem Gutachten auf engere Fahrwege gesetzt. Sollten die Busunternehmer es wünschen könnte auf dem „verkleinerten“ZOB auch enger gebaut werden. Dann würden statt der elf Bussteige 19 plus zwei Wartepositionen entstehen könne. Nach der Lesart des Baubürgermeisters würde das umstrittene Gebäude also nur zwei bis drei Stellplätze kosten. Chaos sei daher nicht zu befürchten.