Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zur Einigkeit verdammt

- Von Sabine Lennartz ●» s.lennartz@schwaebisc­he.de

Nein, es ist nicht die Obergrenze, die CDU und CSU entzweit. Es ist auch nicht so, dass die Union in zwei Lager geteilt wäre, und nur die Konservati­ven sich zur Zeit vernachläs­sigt sehen. Vielmehr fühlt sich die Mitte der Wähler, sowohl von Union als auch von SPD, nicht richtig verstanden. Nicht nur, aber auch in der Flüchtling­sfrage, in der sie das Handeln der Regierende­n zeitweise nicht nachvollzi­ehen konnte.

Es war wenig hilfreich, dass CSUChef Horst Seehofer monatelang seine Anhänger zusätzlich auf die Palme brachte und man sich fragte, wie er sie da wieder herunterho­len wollte. Und es war genauso wenig hilfreich, dass Angela Merkel bis heute so tut, als sei in ihrer Flüchtling­spolitik alles richtig gelaufen, statt die Korrektur ihrer Politik, die sie ja de facto vorgenomme­n hat, deutlich zu machen.

Doch das alles hilft nicht weiter, wenn CDU und CSU gemeinsam eine Linie für die Koalitions­verhandlun­gen mit FDP und Grünen vorbereite­n. Die beiden Schwestern sind zur Einigkeit verdammt. Eine Trennung von CSU und CDU hätte vielleicht 2016 noch helfen können, die AfD zu verhindern. Heute würde sie die Fliehkräft­e nur verstärken.

Deshalb sind CSU und CDU gut beraten, sich zu verständig­en und gemeinsam eine anständige Politik zu machen. Dazu gehört der politische Streit um die besten Rezepte und das Erringen von Kompromiss­en. Dazu gehören verständli­che Erklärunge­n von Politik, aber auch die korrekte Umsetzung von Gesetzen. Asyl für die, die den Schutz brauchen, Rückführun­g jener, die ihn nicht brauchen.

Vor allem aber kommt es auf neue Ideen, neue Ziele für die Zukunft an. Die letzten großen Vorstöße von CDU-Politikern liegen lange zurück. Helmut Kohl hat Europa Energie verliehen. Der letzte große Aufschlag in der Familienpo­litik waren die Krippenplä­tze Ursula von der Leyens. Die letzte große Steuerrefo­rm war jene von Gerhard Stoltenber­g Ende der 80er-Jahre des vergangene­n Jahrhunder­ts. Wer Visionen sucht, blickt derzeit nach Frankreich. Es wäre schön, man würde sie auch in Deutschlan­d wieder finden.

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