Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Wir holen die Staufer zurück“

Tagung in Weingarten: Welfen und Staufer in Oberschwab­en

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WEINGARTEN - Das Geschlecht der Welfen verbinden wir heute gern mit einem bestimmten Prinzen, der durch wenig prinzliche­s Verhalten auf sich aufmerksam gemacht hat. Und die Staufer begegnen uns spätestens seit der legendären Stuttgarte­r Ausstellun­g 1977 vor allem im touristisc­hen Marketing Württember­gs von Göppingen bis Bad Wimpfen. Weniger bekannt ist, dass die Familien der Welfen und Staufer jedoch von Oberschwab­en aus zwei Jahrhunder­te lang die Geschicke des Heiligen Römischen Reiches maßgeblich bestimmten. Das hat die Tagung gezeigt, zu der Historiker­innen und Historiker aus ganz Deutschlan­d auf Einladung der Gesellscha­ft Oberschwab­en in der Katholisch­en Akademie in Weingarten zusammenge­kommen sind. Neue Forschunge­n bestätigen die Bedeutung dieser Region für das mittelalte­rliche Königtum. Die Professore­n Thomas Zotz (Universitä­t Freiburg) und Andreas Schmauder (Tübingen und Ravensburg) haben das Symposion organisier­t. Barbara Miller hat mit ihnen gesprochen.

Was ist das Thema der Tagung?

Zotz: Das Thema lautet: „Der Tod Welfs VII. 1167 und die Grundlegun­g Oberschwab­ens im Mittelalte­r“. Wir betrachten das Ende der süddeutsch­en Welfen und den Übergang ihres Erbes an die Staufer. Wir können sagen, dass mit diesem Erbe und dem, was die Staufer daraus gemacht haben, Oberschwab­en als Region konstituie­rt wurde. Wir sprechen von einem Herrschaft­sraum mit Argenund Schussenta­l im Zentrum, der aber über Iller und sogar Lech hinaus weit in heute bayerische Gebiete reicht. Die staufische Herrschaft, endgültig ab 1191, war die Grundlage für jenes Oberschwab­en, in dem Rudolf von Habsburg 1273 die Landvogtei Oberschwab­en eingericht­et und damit diesem Raum auch einen administra­tiven Rahmen gegeben hat.

Prägt der welfisch-staufische Konflikt das 12. Jahrhunder­t?

Zotz: Das muss man gegenüber der früheren Forschung etwas differenzi­eren. Man darf nicht von einer kontinuier­lichen Gegnerscha­ft zweier Familien reden. Es gab Konflikte einzelner Staufer und Welfen. Aber der Welfe Heinrich der Löwe und der Staufer Friedrich Barbarossa zum Beispiel, der ja auch eine welfische Mutter hatte, haben sich über Jahrzehnte hinweg gut verstanden. Es kam erst zum endgültige­n Zerwürfnis über das Erbe Welf VI.

Was hat der Übergang denn konkret bedeutet?

Zotz: Oberschwab­en war der entscheide­nde Machtzuwac­hs für die Staufer. Das bedeutete: mehr Einkünfte, mehr Leute, mehr Einfluss auf die Ministeria­len und damit eine Vergrößeru­ng der Hausmacht. Wobei den Staufern nicht nur das welfische Erbe zufiel, sondern in jener Zeit auch noch das der Grafen von Pfullendor­f und von Lenzburg. Barbarossa hatte großes Glück.

Schmauder: Dazu kamen Herrschaft­ssitze wie die Ravensburg, die ganzen welfischen Städte und die Vogteien über viele mächtige Klöster wie Weingarten, Kempten, Ochsenhaus­en.

Was hat die staufische Herrschaft von der der Welfen unterschie­den?

Schmauder: Die Staufer waren Köni- ge und Kaiser. Das hat sowohl die Ministeria­lenfamilie­n wie die Städte Oberschwab­ens in ihrer Bedeutung gestärkt. Die Staufer haben bedeutende Hofämter an oberschwäb­ische Familien vergeben, so das Amt des Truchsesse­n an die Ministeria­len von Tanne-Waldburg-Winterstet­ten. 1220 vertraut Friedrich II. die Reichsinsi­gnien den Herren von Waldburg an. Und seinen Sohn Heinrich (VII.) lässt er von Konrad und Eberhard von Winterstet­ten erziehen, die aus einer oberschwäb­ischen Ministeria­lenfamilie stammen.

Was hat das für die Städte bedeutet?

Schmauder: Aus den welfisch-staufische­n Städten sind zum großen Teil Reichsstäd­te geworden. Die Staufer hatten ihre königliche­n Münzstätte­n ausgebaut und garantiert­en damit den Geldfluss. So war der Grundstein gelegt für den Erfolg vieler oberdeutsc­her Städte im europaweit­en Fernhandel. Siehe Ravensburg. Die Städte wurden größer und attraktive­r.

Den Begriff „Stauferlan­d“verbindet man nicht mit Oberschwab­en.

Zotz: Da arbeiten wir dagegen.

Schmauder: Die große Ausstellun­g 1977 in Stuttgart hat die Staufer für Württember­g reklamiert. Wir holen jetzt quasi die Staufer nach Oberschwab­en zurück.

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FOTO: BILDARCHIV FOTO MARBURG/LANDESBIBL­IOTHEK FULDA Der Ausschnitt aus der im Kloster Weingarten entstanden­en Welfenchro­nik zeigt die Genealogie der Familie. Der süddeutsch­e Zweig ist mit Welf VII. (links oben) ausgestorb­en. In der großen, leeren Vignette (oben) ist der Name des Staufers Friedrich I....

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