Schubert im stürmischen Herbst
Schubertiade Hohenems: William Youn präsentiert große Klavierwerke, Pavol Breslik den Liederzyklus „Die schöne Müllerin“
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HOHENEMS - Für ein langes Wochenende lädt die Schubertiade wieder zu Kammermusik und Liedkunst ein. Krankheitsbedingte Umbesetzungen blieben und bleiben auch diesmal nicht aus.
Der Wiener Pianist Till Fellner musste den Beginn eines vierteilig geplanten Schubertzyklus‘ wegen Schmerzen in der rechten Hand absagen. Für ihn sprang am Donnerstag William Youn ein, der tags darauf ein Trioprogramm mit seinen bevorzugten Kammermusikpartnern Sabine Meyer und Nils Mönkemeyer präsentierte. Musikfreunde, die die Klaviermeisterkurse von Karl-Heinz Kämmerling in Lindau verfolgt haben, konnten den zierlichen Koreaner dort schon vor einigen Jahren erleben, seine koreanischen Vornamen hat er gegen einen international gängigeren „William“eingetauscht.
Farbenreiches Spiel
Zwei groß angelegte Werke Schuberts stellte der Pianist in den Mittelpunkt, die letzte Sonate in B-Dur D 960 und die kraftraubende „Wandererfantasie“D 760, verbunden durch zwei Impromptus. Die weit ausgespannten Melodien der Schubertsonate spannte er in große Bögen, sparte aber auch die emotionalen Brüche nicht aus. Anschlagskultur, weiche Begleitfiguren für die singende Oberstimme, grollende Triller wirkten hier zusammen. William Youn bot kein abgeklärtes Spätwerk, sondern ein jugendlich drängendes, lebensfrohes und organisch entwickeltes Spiel. Schließlich war auch Schubert erst 30 Jahre alt, als er seine letzten Sonaten schuf. Wunderschön in den Hell-Dunkel-Kontrasten und dem warmen Fluss des Mittelteils, in dem sich ein Bariton zu verströmen scheint, war der langsame Satz gestaltet.
In den verbleibenden Sätzen wie auch in den beiden Impromptus überzeugte Youn mit seinem farbenreichen, eleganten Spiel. Auch die große „Wandererfantasie“musizierte er mit Zugkraft, Energie und leuchtender Klarheit in der abschließenden Fuge.
Vom Charakter des der Fantasie zugrundeliegenden Liedes „Der Wanderer“, das von Einsamkeit und Ernst erzählt, hätte man sich allerdings in seiner Interpretation mehr gewünscht. Nach der ungestümen Fantasie verabschiedete sich der Pianist mit Schuberts sanftem „Ständchen“in der fein glitzernden Bearbeitung von Liszt und mit dem innigen langsamen Satz der Mozartsonate KV 280.
Auch die beiden Liederzyklen dürfen bei dieser Herbstschubertiade nicht fehlen. Während heute Abend Thomas Hampson und Wolfram Rieger die „Winterreise“interpretieren werden, war dem slowakischen Tenor Pavol Breslik und seinem Klavierpartner Amir Katz „Die schöne Müllerin“anvertraut. Der Sänger verfügt zwar über eine beeindruckende Technik mit sicherer Höhe und sehr guter Textverständlichkeit.
Doch machte ihm wohl die trockene Luft zu schaffen, lange Pausen zwischen den Liedern und seine Art, eher für sich zu singen als eine Geschichte zu erzählen, machten aus dem Zyklus eine Folge einzelner Pretiosen. Wie frei Breslik seine Stimme strömen lassen kann, zeigte sich in zwei Zugaben in seiner slowakischen Muttersprache – doch die sind ja eigentlich nach den Zyklen verpönt!