Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Jeder kümmert sich nur um sich selbst“

Martin Feifel ist kommende Woche in „Tod im Internat“zu sehen

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BERLIN (dpa) - Martin Feifel ist durch viele kleinere und größere Rollen am Theater und in unzähligen TV-Filmen einem breiten Publikum bekannt geworden. Ende August war sein Film „Mutter auf Streife“(Das Erste) zu sehen. Jetzt läuft der zweiteilig­e Thriller „Tod im Internat“. Im Gespräch mit Klaus Brauer von der Deutschen Presse-Agentur spricht er über seinen Part in diesem Film – und warum er doch nicht Clown geworden ist.

Was treibt die Figur um, die Sie spielen: Verzweiflu­ng oder gar Rache?

Nun, ich glaube, das hat mit Rache nichts zu tun, vielmehr mit einer großen Sehnsucht. Wenn man so eine Vergangenh­eit hat wie Volker Jens, in der er benutzt wurde von Mächten, von denen man gar nichts mehr wissen möchte, und von denen er zum Abtauchen und zu einem Leben in Indien gezwungen worden ist, wo er seine Freundin verloren hat, dann ist das kein Wunder. Dann erfährt er von seiner Tochter Sophie, und plötzlich ändert sich alles. Trotz der neuen Identität gibt er irgendwann einfach auf. Für mich war das Wichtigste an dieser Figur, dass ich mich in sie wirklich hineinvers­etzen konnte.

Es geht in dem Film auch um Verdrängen und Verschweig­en. Wie hält ein Mensch das so lange aus?

Gar nicht in diesem Fall, es hat ihn zerstört. Volker weiß, dass er nicht mehr glücklich werden wird, aber er hat mit Sophie etwas Gutes geschaffen, und das beruhigt ihn. Er hatte ein bewegtes Leben, mit Demonstrat­ionen an der Startbahn West bei Frankfurt, auch mit Erfahrunge­n am Rande Martin Feifel ist nicht zufrieden mit der dünnen Auftragsla­ge.

der RAF. Er hatte sich politisch positionie­rt.

Wie schätzen Sie die heutigen Proteste, wie im Juli in Hamburg, ein?

Die Qualität des Widerstand­es hat sich rapide verändert, so wie sich auch die Generation­en verändert haben. Nur die Politik ist seit 20 Jahren wie ein Vakuum, das hängt wie eine riesige Käseglocke über dem Land. Es ist ganz schwer, insbesonde­re für die nachwachse­nden Generation­en, ein richtiges Demokratie­verständni­s zu bekommen. Es gab schon früher einen Schwarzen Block, aber selbst da war die politische Motivation größer, als sie es heute ist. Durch dieses Vakuum entsteht ein Stau, dann ex-

plodiert plötzlich etwas, was mit Politik kaum noch oder gar nichts mehr zu tun hat.

Vielen Menschen scheint heutzutage alles gleichgült­ig zu sein.

Ja. Es ist ihnen wurscht, wer kaputtgeht. Jeder kümmert sich nur noch um sich selbst und dass ihm nichts passiert. Dabei sollte man doch immer eine Motivation haben, auf deren Basis sich diskutiere­n lässt, aber das war in Hamburg offenbar nicht mehr möglich. Da entstanden rechtsfrei­e Räume – das darf nicht sein. So kann man kein vernünftig­es Gespräch führen.

Sie können kleine Rollen ganz groß machen. Warum sehen wir Sie nicht öfter im TV?

Das dürfen Sie mich nicht fragen. Das entscheide­n ja die Redaktione­n in den Sendern. In der jüngsten Zeit ist die Auftragsla­ge leider recht dünn, da kommen dann ganz schnell wieder Existenzän­gste hoch. Das finde ich nach 28 Jahren in diesem Beruf sehr verstörend.

Sie wollten ursprüngli­ch einmal Clown werden. Warum wurde daraus nichts?

Zum einen ist die Ausbildung sehr kräftezehr­end, und mein Rücken hat das leider nicht mitgemacht. Zum anderen ist es so: Den Clown muss man in sich selber finden, das kann man nicht erlernen. Bei mir schlummert er wohl noch, aber mehr zur Tragikomik hin, im Stile eines Buster Keaton.

„Tod im Internat“.

Montag, 9., und Mittwoch, 11. Oktober, 20.15 Uhr, ZDF

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FOTO: DPA

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