Bandenkrieg jetzt vor Gericht
Der Konflikt zwischen den Gruppen Osmanen BC und der Bahoz eskaliert – auch in Ulm - Prozess unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen
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ULM - Es ist Schwörmontag in Ulm. Die Straßen und Gassen sind am
18. Juli vergangenen Jahres proppenvoll mit gut gelaunten Menschen. Viele Ulmer feiern rund um das Münster und schlendern gegen 18.50 Uhr auch in Richtung Hafenbad. Plötzlich greift eine Gruppe muskelbepackter Kuttenträger den türkischen Imbiss „Oses Cigköfte“an. Martialische Männer werfen mit Flaschen und Steinen. Dabei werden nach Angaben der Staatsanwaltschaft Leuchtreklame und die Schaufensterscheibe beschädigt; der Sachschaden beträgt etwa 8 000 Euro.
Zwei Gäste, die vor dem Imbiss sitzen, werden leicht verletzt. Hintergrund der Tat sollen Konflikte zwischen zwei rockerähnlichen Straßenbanden sein: Während die Angeklagten Mitglieder der kurdischlinks orientierten Gruppe „Bahoz“seien, soll einer der Geschädigten und der Betreiber des Schnellimbisses den „Osmanen Germania BC“, einer türkisch-nationalistischen Gruppe nahestehen. Es heißt im Beschluss des Ermittlungsverfahrens, er sei der „Präsident“.
Die Angeklagten, die im Tatzeitpunkt zwischen 21 und 30 Jahre alt waren, befinden sich auf freiem Fuß. Nun wird ihnen der Prozess gemacht. Am Mittwoch, 11. Oktober, wird unter strengen Sicherheitsvorkehrungen die Verhandlung am Ulmer Landgericht eröffnet
Schon damals ordnete die Polizei den Fall schnell als Bandenkonflikt ein. Denn bereits einige Woche vor jenem Schwörmontag standen sich vor dem Imbiss rund 60 Männer der beiden Banden kampfbereit gegenüber.
Bahoz-Mitglieder fotografierten den Beschluss des Ermittlungsverfahrens und stellten das Papier ins Internet. Demnach besteht der Verdacht, dass die Tat eine Reaktion auf einen Angriff war, der sich kurz vor dem besagten Schwörmontag in Wien ereignet habe. Dort hatten demnach im Zuge einer Demonstration der „Union Europäischer Türkischer Demokraten“einige Demonstrationsteilnehmer den Garten eines türkisch-kurdischen Restaurants demoliert. Der Inhaber dieses Restaurants soll verwandtschaftliche Beziehungen zu der hier agierenden Bahoz-Gruppe haben. Einer der Beschuldigten soll eine führende Rolle innerhalb von Bahoz in Ulm spielen.
Die Polizei geht grundsätzlich davon aus, dass der politische Konflikt zwischen Türken und Kurden, der sich nach dem Putschversuch in der Türkei zugespitzt hatte, eine nachrangige Rolle spielt. Vielmehr gehe es um Macht und Geschäfte im Drogenoder Rotlichtmilieu, wie ein Polizeisprecher damals sagte.
United Tribunes und Black Jackets besonders im Blick
Im Zuständigkeitsbereich der Ulmer Polizei gibt es etwa 30 verschiedene Chapter, also regionale Ableger von Rockergruppen oder rockerähnlichen Banden. Besonders im Blick hat die Polizei wie berichtet die verfeindeten Gruppen United Tribunes und Black Jackets. In Heidenheim war voriges Jahr ein 29-Jähriger erschossen worden. Der Täter wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt. Nach Einschätzung der Polizei ist damit aber keineswegs Ruhe in der Szene eingekehrt.
Experten schätzen sowohl die Osmanen Germania BC als auch Bahoz als streng hierarchisch und straff organisiert ein. „Eine Linie, ein Weg, eine Familie“heißt das Motto von Bahoz Ulm, einer selbst ernannten „Bruderschaft“, die im Sommer vergangenen Jahres noch einen martialischen Marsch durch die Ulmer Fußgängerzone auf Facebook stellte um dann im August den Abschied aus „eurer Internetwelt“zu verkünden. Durch die hierarchische Struktur könnten die Banden schnell per Handy in kürzester Zeit viele Anhänger mobilisieren und mit ihrem martialischen Äußeren für Eindruck sorgen. Das Zusammenrotten einer solchen Menschenmenge setze ein hohes Maß an Absprache voraus.
Rockertypisch benutzen solche Banden verbindende Symbole, Rituale und Kleidungsstücke wie zum Beispiel Lederkutten mit Emblemen. Motorradfahren spiele keine sinnstiftende Rolle mehr.