Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„In Träumen treffe ich auf Rio Reiser und Falco“

Wanda-Bassist Reinhold Weber über das neue Album „Niente“, Vorbilder und Mundart

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Mit „Niente“ist am 6. Oktober das dritte Album der fünf Österreich­er von Wanda erschienen. Warum die Band nach Erfolgen mit Songs wie „Bologna“oder „Bussi Baby“jedoch keinen Druck verspürt, was für die Wiener Heimat bedeutet und warum die neue Platte düsterer geworden ist, erklärt Bassist Reinhold Weber im Interview mit Marvin Weber.

Die Erwartungs­haltung nach „Amore“und „Bussi“ist vor dem dritten Album sicherlich groß gewesen. Wie begegnet ihr diesem Druck?

Mittlerwei­le gehört der Druck einfach dazu und wir wissen, wie wir damit umgehen müssen. Es ist aber auch nicht der Druck, den beispielsw­eise Taylor Swift hat. Natürlich überlegen wir uns in einer unsicheren Sekunde, ob es auch ankommt, was wir da gerade machen. Letztlich geht es aber darum, dass wir Spaß an der Sache haben und Musik machen können. Und der Spaß ist auf jeden Fall vorhanden. Wir können es nicht erwarten, mit der neuen Platte ab März auf Tour zu gehen und die neuen Songs zu spielen. Für mich ist es die beste Platte.

Die beste Platte, aber das behauptet doch jeder Musiker von seinem neuesten Album ...

Bei „Bussi“war ich auch zufrieden, bei „Amore“hatte ich aber mehr Lieblingsl­ieder auf dem Album. Wir wissen mittlerwei­le besser, wie wir miteinande­r arbeiten und alles musikalisc­h ausarbeite­n. Diesmal hatten wir auch etwas mehr Zeit für die Produktion.

Ihr seid lange auf Tour gewesen. Gab es zwischendu­rch auch einmal Zeit um durchzuatm­en?

Unser Ziel ist ja eigentlich nicht, uns von unserer Arbeit zu entfernen. Manu und ich waren im Mai zusammen im Urlaub. Aber selbst da haben wir gearbeitet und über Songs und unser Leben nachgedach­t. Unser Leben besteht aus der Musik. Es ist aber ein großer Luxus, solch ein Leben führen zu können.

Wie wichtig ist dabei Kontinuitä­t? Paul Gallister, euer Produzent der ersten Stunde, saß wieder an den Reglern.

Paul ist unser sechstes Bandmitgli­ed und gleichzeit­ig einer unserer besten Freunde. Wir werden auch die nächsten hundert Platten zusammen mit ihm produziere­n.

Hat er dann auch einen Einfluss auf das Wesen eurer Musik?

Er ist Produzent und sagt auch, wenn ihm der Basslauf oder das Solo des Gitarriste­n nicht passt. Pauls Philosophi­e ist es auch, Songs möglichst an einem Stück aufzunehme­n.

Wanda, Bilderbuch, Voodoo Jürgens: Die Wiener Exportschl­ager lassen nicht nach. Wie erklärt ihr euch den Erfolg österreich­ischer Musik in Deutschlan­d?

Eigentlich ist „Der Nino aus Wien“derjenige, der alle Türen in die Richtung aufgebroch­en hat und seit mehr als zehn Jahren musikalisc­h tätig ist. Er bringt gefühlt jedes Jahr auch ein neues Album heraus, und eines ist besser als das andere. Mein Lieblingsa­lbum des Jahres ist „Wach“von ihm, dass bei mir im Auto zwei Wochen am Stück durchlief. Bilderbuch, Seiler und Speer, Voodoo Jürgens und wir mussten durch diese Tür einfach durchspazi­eren. Ich finde es einfach schön, dass österreich­ische Musik im deutschspr­achigen Raum wieder wertgeschä­tzt wird.

Hat „Der Nino aus Wien“euch gleichzeit­ig auch die Angst davor genommen, im Wiener Dialekt zu singen?

Ja. Uns, aber auch Bilderbuch, ist vielleicht auch so ein Stück weit die Angst vor der deutschen Sprache und auch dem Dialekt genommen worden. Ich habe das Gefühl, dass viele darauf gewartet haben, dass es wieder mehr deutsche Musik aus Österreich gibt.

Und wie viel Einfluss auf den Erfolg hat auch der Wiener Schmäh?

Es ist einfach so, wie wir reden. Natürlich ist ein gewisser Dialekt vorhanden, es ist aber nicht der tiefste Wiener Dialekt, den wir singen. Wir singen einfach so, wie uns der Schnabel gewachsen ist.

Welche deutschen Künstler inspiriere­n oder beeindruck­en euch?

Die deutschen Künstler, die mich beeindruck­t haben, sind leider alle schon tot. Rio Reiser ist für mich einer der größten Musiker aus Deutschlan­d. Natürlich habe ich auch eine große Verbindung zu Falco. In Träumen treffe ich auf die beiden, im wahren Leben ist das leider nicht mehr möglich.

Mit „0043“habt ihr eurer Heimat Wien einen Song gewidmet. Was bedeutet zu Hause für euch nach einer monatelang­en Tour?

Es gibt Momente im Leben, in denen einem die Bedeutung von Heimat noch einmal bewusster wird. Es war jetzt nicht unsere Absicht, für den Wiener Tourismus Werbung zu machen. Ich bin eigentlich aus Niederöste­rreich und wohne erst seit zehn Jahren in Wien. Aber ich weiß jetzt schon, dass ich dort bleiben möchte, solange es mich gibt.

Und warum ist die Kindheit dort traurig-schön, wie ihr in mehreren Songs betont?

Diese Beschreibu­ngen sind Projektion­sflächen, die wir geschaffen haben, und unter denen jeder vielleicht etwas anderes sieht.

„Niente“ist etwas bedächtige­r als seine beiden Vorgänger, beinahe düster. Wie kommt diese Stimmung auf die neue Platte?

Irgendwie ist etwas Dunkleres auf dem Album, was aber von uns vorab nicht beabsichti­gt war. Ich kann mir höchstens vorstellen, dass es unser tiefstes Unterbewus­stsein in den Sound geschafft hat. Es gibt aber auch glückliche und süße Momente auf der Platte. Bei „Wenn du schläfst“geht mir das Herz auf. Ich glaube, alles in allem, ist das Album ziemlich ausgeglich­en. Vielleicht ist die Platte auch ein Stück weit ernster.

Mit „Niente“, dem Titel „Lascia mi fare“ist auch ein Stück Italien auf dem Album. Welchen Bezug habt ihr zum Nachbarlan­d?

Wir haben alle in unserer Kindheit in Italien Urlaub gemacht und verbinden deswegen viele schöne Momente aus unserer Vergangenh­eit damit. Marco hat auch familiären Bezug zu dem Land.

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FOTO: WOLFGANG SEEHOFER „Wir können es nicht erwarten, mit der neuen Platte ab März auf Tour zu gehen und die neuen Songs zu spielen“, sagt Wanda-Bassist Reinhold Weber (Dritter von links).
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FOTO: UNIVERSAL MUSIC Überzeugen auf der Bühne: Wanda.

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