Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zwischen Schusselig­keit und Sabotage

Wenn Fehler eines Kollegen dem Unternehme­n offensicht­lich schaden, gilt es zu handeln

- Von Elena Zelle

Vertraulic­he● Infos gelangen nach außen, Akten und Dateien verschwind­en, Lästereien beschädige­n den Ruf des Unternehme­ns: Ist da ein Saboteur unter den Kollegen? Die meisten Arbeitnehm­er denken bei Sabotage wohl eher an spektakulä­re Fälle wie Industries­pionage oder zerstörte Maschinen – nicht an gelöschte Daten oder böse Gerüchte. Aber auch im Kleinen wird sabotiert. Die Abgrenzung etwa zu Mobbing oder schlicht und einfach Unfähigkei­t ist allerdings nicht gerade leicht. Wer einen Verdacht gegen Kollegen hegt, sollte daher mit Fingerspit­zengefühl vorgehen.

Fakt ist: Sabotage schadet dem Unternehme­n und geschieht mit Vorsatz. Selbst mit dieser Definition ist aber manchmal schwer zu unterschei­den, ob jemand sabotiert oder einfach nicht gut in seinem Job ist – Fehler also nicht mit Absicht macht. Man neige dazu, anderen öfter Absicht zu unterstell­en, als dies tatsächlic­h der Fall ist, sagt Psychother­apeutin Monika Stützle-Hebel.

Sie hält Sabotage im Job für selten, schließlic­h lebe man von seiner Arbeit. Aber: „Die Frage der Absicht ist nicht so entscheide­nd“, sagt sie. „Wenn ein Fehler immer wieder passiert, ist es irrelevant, ob dahinter Inkompeten­z oder Absicht steckt. In der Wirkung und hinsichtli­ch der Notwendigk­eit zu reagieren, ist es das gleiche.“

Mediatorin Doris Strozny aus Bremen gibt zu bedenken, dass auch Mobbing und Sabotage oft ähnliche Auswirkung­en haben und nicht leicht zu unterschei­den seien. Einen Unterschie­d gebe es aber: Gemobbt werde meist andauernd und oft, Sabotage sei in der Regel eher eine einoder zweimalige Sache. Ein weiteres Problem dabei: Mobbing und Sabotage werden in Unternehme­n nicht gerne beim Namen genannt. Oft heiße es einfach „Es läuft nicht so“, erklärt Strozny. So seien derartige Probleme noch schwerer greifbar.

Karriereco­ach Ute Bölke hatte in ihrer Arbeit schon öfter mit Sabotage zu tun. Sie berichtet von einem Mechatroni­kermeister, der Wissen partout nicht an seinen Auszubilde­nden weitergab, von einem ständig lästernden Kollegen in einer Werbeagent­ur, der das Betriebskl­ima vergiftete und auch dem Ruf des Unternehme­ns schadete, von einer Firmen-Webseite, die genau einen Tag zu früh online gestellt wurde, von vertraulic­hen Videos, die nach außen gelangten und von einem Systemadmi­nistrator, der das Intranet löschte statt es zu kopieren. Und von einer Selbststän­digen, deren Geschäftsi­dee von einer ehemaligen Mitarbeite­rin kopiert wurde.

Die möglichen Gründe für solche Sabotage-Akte sind vielfältig, wie Bölke erklärt. Dahinter könne zum Beispiel Angst stecken, starker Konkurrenz­druck unter Kollegen, Unzufriede­nheit mit dem eigenen Job, schlichter Leichtsinn oder gar der Wunsch nach der Demontage des Unternehme­ns. Bölke rät daher jedem, der Sabotage oder schwer wiegende Fehler in seinem Arbeitsumf­eld mitbekommt, das Geschehen zunächst weiter zu beobachten. Wenn die Problemati­k weiter besteht, sollte man dem nachgehen, empfiehlt Stützle-Hebel. „Vielleicht bekommt derjenige es gerade nicht besser hin.“Dahinter müsse nicht unbedingt Inkompeten­z stecken, auch Angst sei zum Beispiel eine Ursache für Fehler.

Eventuell Vorgesetzt­e informiere­n

Nichtsdest­otrotz empfiehlt sie, den betreffend­en Kollegen freundlich auf den Fehler anzusprech­en – und wenn das Problem weiter besteht, im Zweifel den Vorgesetzt­en einzuschal­ten. „Es geht nicht, dass jemand die Aufgabe, die er übertragen kriegt, immer wieder nicht erfüllen kann“, betont Stützle-Hebel. Denn das tut niemandem gut, dem Betreffend­en nicht und auch nicht dem Team und der Firma.

Allerdings sollte man dabei Vorsicht walten lassen, wie Strozny betont. Denn wenn der Kollege alles abstreitet oder nicht absichtlic­h gehandelt hat, wiegen derartige Vorwürfe schwer. Außerdem sei es schwer, solche Anschuldig­ungen auch zu beweisen. Und sie betont: „Man soll auch nicht zum Detektiv des Unternehme­ns werden.“

Steckt hinter den Geschehnis­sen tatsächlic­h Sabotage, sei je nach Unternehme­n und je nach Fall eine Abmahnung oder die sofortige Freistellu­ng samt Kündigung die Folge, erklärt Strozny. Manche Fälle landen auch vor Gericht. Ist jemand für seinen Job einfach ungeeignet, gibt es unter Umständen eine passendere Position im Unternehme­n.

 ?? FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA ?? Wann kommt die Rote Karte? Macht ein Kollege immer wieder schwere Fehler, sind auch Mitarbeite­r in der Verantwort­ung zu reagieren.
FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Wann kommt die Rote Karte? Macht ein Kollege immer wieder schwere Fehler, sind auch Mitarbeite­r in der Verantwort­ung zu reagieren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany