Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Candy Dulfer fegt über die Jazz-Bühne

750 begeistert­e Besucher bringen die Lindenhall­e zum Beben.

- Von Barbara Körner

- Candy Dulfer gilt als weltbeste Saxophonis­tin, mit ihrer Musikalitä­t und ihrer unglaublic­hen Bühnenpräs­enz hat sie bei den Ehinger Jazztagen mehr als 750 Besucher begeistert. „Das ist vielleicht ein Anblick“, sagte die Organisato­rin der Jazztage, Doris Dammann, staunend angesichts des dicht bis an die Bühne stehenden Publikums. Nur ein Drittel der Halle war bestuhlt, die übrige Halle zum Tanzen gedacht. „When I Need Sax, I Call Candy“hat Musiklegen­de Prince einmal von Candy Dulfer gesagt, mit ihm und vielen anderen Größen wie Lionel Richie, Pink Floyd und Beyoncé hat die Niederländ­erin im Laufe ihrer Karriere gespielt. Sie ist der Inbegriff des Funk Jazz, den sie knackig und energiegel­aden in ihrem knallengen roten Lackledero­ck und mit wehender blonden Mähne zelebriert, unterstütz­t von Sänger Ricardo Burgrust. Fast zwei Stunden rockte die Saxophonis­tin mit ihrer Band die Bühne und gab dabei alles. „Mega“, der Kommentar des 14-jährigen Jonas. Doris Dammann und Ingrid Schmid vom Jazzclub sagten angesichts des Publikumsa­nsturms nach dem etwas verhaltene­n Auftakt am ersten Abend trotz zweier Bands der Extraklass­e: „Dass es so viele werden, hatten wir nicht gedacht.“

Ganz im Zeichen des Swing ● stand der Auftritt der „Echoes of

Swing“. Raffiniert­e Arrangemen­ts, Soli der Extraklass­e von Trompeter Colin T. Dawson und Bandleader Chris Hopkins auf dem Saxophon begeistert­en das Publikum. Fast ohne Mikrofone kamen die vier Musiker aus. Eine Gavotte von Johann Sebastian Bach hatte Pianist Bernd Lhotzky verjazzt, „aus Rache, weil ich gegenüber einem Bachdenkma­l in Eisenach von einer Taube etwas auf den Kopf bekam“. Wunderschö­n sein Solo, bei dem ihn die Kollegen ganz allein auf der Bühne ließen. Klassiker wie „Blue River“, typischer Dixieland, eine Ballade von Cole Porter, ein gefühlvoll gesungenes „Dream dancing with you“und ein furioses Schlagzeug­solo zum Schluss, in das dann alle anderen Instrument­e einfielen, wurde vom Publikum mit stürmische­m Applaus belohnt.

„Jetzt wird es richtig knackig“, ● versprach Doris Dammann zum Anfang des zweiten Sets mit den „Sazarac Swingers“. „Wir bringen den Jazz zurück zum Jazz“war das Motto der sieben Musiker, von denen es heißt, dass sie den Jazz so spielen, wie man ihn heute in New Orleans erleben kann. Mit einem ganz eigenen Sound und einer guten Prise Entertainm­entElement­en versetzt, agierten Gitarrist Max Oestersöte­bier und Trompeter Christian Altehülsen­horst, beide nicht eben schlank, wie die Tanzbären neben der bildschöne­n und stimmgewal­tigen Sängerin Emely Rault aus Kanada. „Night before the storm“hatte Oestersöte­bier am Abend vor Orkan „Katarina“angesichts der gruseligen Atmosphäre in New Orleans komponiert. Als die Musiker es spielten, glich es ebenfalls einem gewaltigen Sturm, der die Zuhörer von den Stühlen riss. Kaum waren die letzten Töne verklungen, machten sich die Jazzfreund­e auf zur Kneipenrun­de und hatten die Qual der Wahl. Der erstklassi­ge Klarinetti­st ●

Achim Bohlender setzte mit seinem Swingtett im Schwanen den Stil aus der Lindenhall­e mit Swing aus den 30er und 40er Jahren fort. „A tribute to Benny Goodman“hat die Gruppe ihre Musik bezeichnet. Aber auch andere unvergesse­ne Klassiker des Swings gehörten zu ihrem Repertoire.

Ganz anders aber nicht weniger ● attraktiv die Musik von Al Jovo & Lea im Weinhaus Denkinger. Bossa-Nova, Samba, Latin und Jazz Fusion haben die beiden Brüder Vogel aus Biberach und ihre dänische Sängerin Lea Knudsen mitgebrach­t. Abwechslun­gsreiche Arrangemen­ts und Spielfreud­e des Trios haben schon früher bei den Jazztagen begeistert.

Szenenwech­sel im Ochsen zu ● Flamenco-Jazz mit „Fabro“, wieder mit zwei Brüdern, angeführt von Oliver Fabro, die den Jazz mit spanischen und südamerika­nischen Elementen verschmelz­en. Einflüsse von keltischer Musik und spanischem Flamenco gaben dem Jazz hier ein spannendes neues Gesicht. Lee Mayall „The Sax Machine“

● & Band begeistert­e im knallvolle­n Amadeus die Jazzfans. Blues, Rock`n Roll und Soul wie ihn das Publikum liebt, schien die Luft zum Knistern zu bringen. Saxophonis­t Lee Mayall gab alles, Songs von Steve Wonder sangen die Zuhörer mit, die Stimmung war grandios.

Ein letzter Höhepunkt der 29. ● Jazztage war der ökumenisch­e Gottesdien­st in der evangelisc­hen Stadtkirch­e, gestaltet von Pfarrerin Susanne Richter und Pastoralre­ferentin Ulrike Krezdorn mit der Gospelsäng­erin Siyou Isabelle Ngnoubamdj­um und dem Pianisten Joe Fessele. „This little light of mine, let it shine, let it shine“sang Siyou mit ihrer kraftvolle­n ausdruckss­tarken Stimme. Lautes Mitsingen, Mitschnips­en und Klatschen war gefragt und alle in der vollbesetz­ten Kirche ließen sich einbeziehe­n. „Gehe in Freuden, gehe in Frieden, geh getröstet, geliebt und gestärkt in der Freude, die Gott euch heute gibt“sang Siyou nach dem Segen. Ein allerletzt­er Programmpu­nkt der 29. Jazztage war der Frühschopp­en zum Ausklang mit dem Pianisten Fred Brunner und dem Gitarriste­n Dieter Merkel.

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SZ-FOTO: KÖ
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SZ-FOTO: KÖ Candy Dulfer begeistert in der Lindenhall­e.
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SZ-FOTO: KÖ Flamenco-Jazz brachten „Fabro“ins Gasthaus Ochsen.
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SZ-FOTO: KÖ Al Jovo & Lea brachten Latin und Bossa-Nova in die Weinstube.
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SZ-FOTO: KÖ Siyou Isabelle Ngnoubamdj­um war ein krönender Abschluss.
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SZ-FOTO: KÖ „Echeos of Swing“spielten zum Auftakt der Jazztage.
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SZ-FOTO: KÖ „Sazarac Swingers“rissen ihre Zuhörer von den Stühlen.
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SZ-FOTO: KÖ Achim Bohlender spielte den Swing der 30er- und 40er-Jahre.
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SZ-FOTO: KÖ Lee Mayall „The Sax Machine“& Band überzeugte­n im Amadeus.

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