Candy Dulfer fegt über die Jazz-Bühne
750 begeisterte Besucher bringen die Lindenhalle zum Beben.
- Candy Dulfer gilt als weltbeste Saxophonistin, mit ihrer Musikalität und ihrer unglaublichen Bühnenpräsenz hat sie bei den Ehinger Jazztagen mehr als 750 Besucher begeistert. „Das ist vielleicht ein Anblick“, sagte die Organisatorin der Jazztage, Doris Dammann, staunend angesichts des dicht bis an die Bühne stehenden Publikums. Nur ein Drittel der Halle war bestuhlt, die übrige Halle zum Tanzen gedacht. „When I Need Sax, I Call Candy“hat Musiklegende Prince einmal von Candy Dulfer gesagt, mit ihm und vielen anderen Größen wie Lionel Richie, Pink Floyd und Beyoncé hat die Niederländerin im Laufe ihrer Karriere gespielt. Sie ist der Inbegriff des Funk Jazz, den sie knackig und energiegeladen in ihrem knallengen roten Lacklederock und mit wehender blonden Mähne zelebriert, unterstützt von Sänger Ricardo Burgrust. Fast zwei Stunden rockte die Saxophonistin mit ihrer Band die Bühne und gab dabei alles. „Mega“, der Kommentar des 14-jährigen Jonas. Doris Dammann und Ingrid Schmid vom Jazzclub sagten angesichts des Publikumsansturms nach dem etwas verhaltenen Auftakt am ersten Abend trotz zweier Bands der Extraklasse: „Dass es so viele werden, hatten wir nicht gedacht.“
Ganz im Zeichen des Swing ● stand der Auftritt der „Echoes of
Swing“. Raffinierte Arrangements, Soli der Extraklasse von Trompeter Colin T. Dawson und Bandleader Chris Hopkins auf dem Saxophon begeisterten das Publikum. Fast ohne Mikrofone kamen die vier Musiker aus. Eine Gavotte von Johann Sebastian Bach hatte Pianist Bernd Lhotzky verjazzt, „aus Rache, weil ich gegenüber einem Bachdenkmal in Eisenach von einer Taube etwas auf den Kopf bekam“. Wunderschön sein Solo, bei dem ihn die Kollegen ganz allein auf der Bühne ließen. Klassiker wie „Blue River“, typischer Dixieland, eine Ballade von Cole Porter, ein gefühlvoll gesungenes „Dream dancing with you“und ein furioses Schlagzeugsolo zum Schluss, in das dann alle anderen Instrumente einfielen, wurde vom Publikum mit stürmischem Applaus belohnt.
„Jetzt wird es richtig knackig“, ● versprach Doris Dammann zum Anfang des zweiten Sets mit den „Sazarac Swingers“. „Wir bringen den Jazz zurück zum Jazz“war das Motto der sieben Musiker, von denen es heißt, dass sie den Jazz so spielen, wie man ihn heute in New Orleans erleben kann. Mit einem ganz eigenen Sound und einer guten Prise EntertainmentElementen versetzt, agierten Gitarrist Max Oestersötebier und Trompeter Christian Altehülsenhorst, beide nicht eben schlank, wie die Tanzbären neben der bildschönen und stimmgewaltigen Sängerin Emely Rault aus Kanada. „Night before the storm“hatte Oestersötebier am Abend vor Orkan „Katarina“angesichts der gruseligen Atmosphäre in New Orleans komponiert. Als die Musiker es spielten, glich es ebenfalls einem gewaltigen Sturm, der die Zuhörer von den Stühlen riss. Kaum waren die letzten Töne verklungen, machten sich die Jazzfreunde auf zur Kneipenrunde und hatten die Qual der Wahl. Der erstklassige Klarinettist ●
Achim Bohlender setzte mit seinem Swingtett im Schwanen den Stil aus der Lindenhalle mit Swing aus den 30er und 40er Jahren fort. „A tribute to Benny Goodman“hat die Gruppe ihre Musik bezeichnet. Aber auch andere unvergessene Klassiker des Swings gehörten zu ihrem Repertoire.
Ganz anders aber nicht weniger ● attraktiv die Musik von Al Jovo & Lea im Weinhaus Denkinger. Bossa-Nova, Samba, Latin und Jazz Fusion haben die beiden Brüder Vogel aus Biberach und ihre dänische Sängerin Lea Knudsen mitgebracht. Abwechslungsreiche Arrangements und Spielfreude des Trios haben schon früher bei den Jazztagen begeistert.
Szenenwechsel im Ochsen zu ● Flamenco-Jazz mit „Fabro“, wieder mit zwei Brüdern, angeführt von Oliver Fabro, die den Jazz mit spanischen und südamerikanischen Elementen verschmelzen. Einflüsse von keltischer Musik und spanischem Flamenco gaben dem Jazz hier ein spannendes neues Gesicht. Lee Mayall „The Sax Machine“
● & Band begeisterte im knallvollen Amadeus die Jazzfans. Blues, Rock`n Roll und Soul wie ihn das Publikum liebt, schien die Luft zum Knistern zu bringen. Saxophonist Lee Mayall gab alles, Songs von Steve Wonder sangen die Zuhörer mit, die Stimmung war grandios.
Ein letzter Höhepunkt der 29. ● Jazztage war der ökumenische Gottesdienst in der evangelischen Stadtkirche, gestaltet von Pfarrerin Susanne Richter und Pastoralreferentin Ulrike Krezdorn mit der Gospelsängerin Siyou Isabelle Ngnoubamdjum und dem Pianisten Joe Fessele. „This little light of mine, let it shine, let it shine“sang Siyou mit ihrer kraftvollen ausdrucksstarken Stimme. Lautes Mitsingen, Mitschnipsen und Klatschen war gefragt und alle in der vollbesetzten Kirche ließen sich einbeziehen. „Gehe in Freuden, gehe in Frieden, geh getröstet, geliebt und gestärkt in der Freude, die Gott euch heute gibt“sang Siyou nach dem Segen. Ein allerletzter Programmpunkt der 29. Jazztage war der Frühschoppen zum Ausklang mit dem Pianisten Fred Brunner und dem Gitarristen Dieter Merkel.