Bezahlt und behalten?
Im Missbrauchsfall muss das Gericht auch Betrugsvorwürfe klären
NEU-ULM/MEMMINGEN (sz) - Eigentlich sollte eine Gynäkologin im Prozess um den Missbrauch einer damals Neunjährigen aussagen. Doch die Ärztin konnte nicht ans Landgericht Memmingen kommen, um dort über die möglichen Verletzungen des Mädchens zu sprechen.
Der 38-jährige Angeklagte steht wegen Missbrauchs von Kindern und Betrugs vor Gericht. Der Betrugsvorwurf wurde schon einmal eingestellt, weil er im Vergleich zu den anderen Vorwürfen nicht ins Gewicht fallen würde. Doch der Prozess – und damit auch der Betrug – mussten neu aufgelegt werden.
Vorsitzender Richter Jürgen Hasler plante also kurzfristig um und lud Polizisten ein, die über den Betrugsvorwurf auf der Verkaufsplattform Ebay berichteten. Der Angeklagte soll eine Sonnenbrille und einen Laptop bei Ebay angeboten und verkauft, die Waren jedoch nie verschickt haben.
Beide Geschädigte hatten die Waren bezahlt und sich dann nach langer Wartezeit zu einer Anzeige entschieden, sagte ein Polizist als Zeuge aus. Er zitierte aus dem E-Mail-Verkehr zwischen dem Angeklagten und einem der geschädigten Käufer.
Als der Mann nachgehakt habe, sei die Antwort des Angeklagten gekommen: Er habe auch Besseres zu tun, als am Rechner zu sitzen. Der Mann bekomme sein Geld zurück, dann könne er seine „Scheiß-Anzeige“zurücknehmen, denn – so wörtlich – „so ne Kacke kann ich jetzt nicht brauchen“.
Den Laptop habe der Angeklagte nicht versenden können, weil das Gerät in der Wohnung seiner ehemaligen Freundin – der Mutter des Mädchens – war. Er habe jedoch Gelegenheit gehabt, der Käuferin mitzuteilen, dass sich der Kauf verzögert und sie das Geld nicht überweisen soll, sagte Richter Hasler. Das habe er jedoch nicht getan, der Käuferin stattdessen einfach nicht mehr geantwortet.
Die Verhandlung wird am 2. November fortgesetzt. An diesem Tag sitzt der Angeklagte ein Jahr lang in Untersuchungshaft.