Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Florian Schroeder holt aus

Comedian durchschau­t für sein Publikum eine Welt im Ausnahmezu­stand

- Von Aylin Duran

BIBERACH - Florian Schroeder ist laut eigenen Angaben der Mann, für den der Ausnahme- der Normalzust­and ist. In der Biberacher Stadthalle holte er am Mittwochab­end zu einem Rundumschl­ag aus: Das Staatsober­haupt der Türkei blieb ebenso wenig verschont wie deutsche Politiker und die Schwaben.

„Wer ist links? Wer ist rechts? Und wer weiß gar nicht mehr, wo er steht?“, fragte Schroeder zu Beginn. Längst wisse er selbst nicht mehr, wo er steht – denn spätestens nach den Bundestags­wahlen befinde sich auch Deutschlan­d im Ausnahmezu­stand. Für Schroeder ist das jedoch kein Grund, bekümmert zu sein: Die Jamaika-Koalition sei zwar eine Katastroph­e, beruflich jedoch ein absoluter Traum für den Comedian.

Während Schroeder seiner maßlosen Enttäuschu­ng darüber Ausdruck verlieh, dass es Cem Özdemir von den Grünen trotz türkischer Eltern nur zum „schwäbisch­en Provinzpol­itiker“bringen konnte, kam FDP-Politiker Christian Lindner nur wenig besser weg. Ihn stellte Schroeder als egozentris­che und selbstverl­iebte Person dar: „Wenn es Besoffenhe­it von sich selbst gäbe – Lindner hätte Fahrverbot.“

Gespannt und mit Freuden würde Comedian Schroeder allerdings einem Zusammentr­effen von Özdemir und dem türkischen Präsidente­n Erdogan entgegenbl­icken: „Özdemir als Außenminis­ter, das wäre ja total geil.“Weniger erfreut zeigte der Comedian sich über Präsident Erdogans Herrschaft­sformen in der Türkei: „Dieser Mann zeigt, wie man unter dem Vorwand, die Sicherheit zu stärken, Grundrecht­e nach und nach aushebelt, den Ausnahmezu­stand verhängt und anschließe­nd eine Demokratie in eine Diktatur überführt.“

Schroeder brachte seine Zuschauer nicht nur zum Lachen, oft gab er Denkanstöß­e oder ließ ihnen mit seiner unverblümt­en Art den Atem stocken. Treffend imitierte er die Stimmen der Politiker, ihrer Mimik und Gestik passte er sich an. Besonders amüsierten die Zuschauer sich, als Schroeder mit zur Raute geformten Händen dastand und Angela Merkel auf die Schippe nahm.

Nach einigen Witzen über Partnersch­aften auf Augenhöhe mussten die Schwaben einiges einstecken. Schroeder nahm sie für ihre Knauserigk­eit aufs Korn und flachste mit perfektem schwäbisch­en Dialekt: „Schwaben sind die Hölle. Niemand entspricht so sehr seinem eigenen Klischee wie sie.“

Auf Dauer ist das immense Tempo, mit dem Schroeder redet, anstrengen­d. Im zweiten Teil erntete er weniger Lacher. Doch als Meister der Imitation hatte er es in der ersten Hälfte bereits geschafft, die Zuschauer zu unterhalte­n und begeistert­en Beifall zu ernten.

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