Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das Erfolgsrez­ept der baskischen Küche

Köche konzentrie­ren sich meistens auf wenige Zutaten: Tomaten, Öl und Salz zum Beispiel

- Von Katja Wallrafen

● BERLIN/LONDON (dpa) - Ager Uriguen Uribe bringt Babyspinat mit Rinderschi­nken, Cranberrie­s und Passionsfr­ucht-Dressing auf den Tisch des Berliner Restaurant­s „Txokoa“. Damit macht der in Bilbao geborene Koch genau das, was viele seiner baskischen Kollegen tun: Traditione­lle Zutaten mit avantgardi­stischen Elementen zu versehen und eine eigene Note zu kreieren. Ist das das Erfolgsrez­ept der baskischen Küche? Ager Uriguen Uribe sagt: Ja, das sei sicherlich ein Faktor.

Seine Heimat in der Grenzregio­n zwischen Spanien und Frankreich bringe beste Produkte hervor: „Dieses Land liegt einfach großartig am Golf von Biskaya. Die Erzeugniss­e des fruchtbare­n Bodens sowie die Fische, nicht nur aus dem Meer, auch aus Seen und Flüssen, bieten einfach beste Voraussetz­ungen.“Und obwohl sich seine Heimatstad­t Bilbao nicht verstecken muss, steht San Sebastián völlig zu Recht im Ruf, ein Feinschmec­kerparadie­s zu sein. „Dort leben drei Millionen Menschen, aber man sagt, dort gebe es die höchste Sternendic­hte der Welt“, erzählt Uribe (Foto: dpa).

In Donostia, so lautet die baskische Bezeichnun­g für San Sebastián, sammelten Spitzenköc­he wie Karlos Arguiñano, Juan Mari Arzak, Pedro Subijana und Martín Berasategu­i Sterne, Mützen und Gabeln wie die Touristen aus aller Welt Muscheln am Strand.

Auch José Pizarro lobt die guten Produkte der Region: „Das Baskenland eignet sich hervorrage­nd für die Viehzucht, denn es gibt viel Gras und regnerisch­e Winter. In der Regel dürfen die Tiere auf den grünen Hügeln grasen, das macht ihr Fleisch wunderbar aromatisch.“Pizarro steht an der Spitze der Bewegung, die eine neue, spanische Küche nach London gebracht hat.

„Fleisch spielt eine große Rolle, aber selbstvers­tändlich auch Fisch, denn noch heute fahren Fischer aufs Meer hinaus. Ich habe einige meiner Rezepte den Fischern zu verdanken“, erzählt Pizarro. „Marmitako“, der klassische Fischeinto­pf, wurde ursprüngli­ch von den baskischen Fischern auf dem Boot zubereitet: Zwiebeln und Knoblauch werden in Öl angebraten, rote und grüne Paprikasch­oten, ein Lorbeerbla­tt und Kartoffeln werden zugefügt und köcheln mit Fischfond zu einem sämigen Eintopf, in den schließlic­h gebratene Makrelen kommen.

„Gemüse spielt natürlich auch eine große Rolle, denn das Baskenland ist ein riesiger Gemüsegart­en“, sagt Miquel Villacrosa (Foto: dpa), Küchenchef im Berliner Hotel „Das Stue“. Seit zwei Jahren kocht der gebürtige Katalane im Restaurant „Cinco“. Für neue Kreationen besinnt er sich der baskischen Traditione­n gemäß auf ein, zwei Hauptzutat­en. Dank der hervorrage­nden Qualität der Produkte braucht es nicht viel mehr. Ein Tomatensal­at mit frisch gepflückte­n Früchten, angemacht mit hochwertig­em Olivenöl und Meersalz ist ein Gedicht. Oder gebratene Steinpilze mit Eigelb – ein Hochgenuss.

Neben den frischen Produkten zeichnet die baskische Küche noch etwas anderes aus: Die Tradition des miteinande­r Kochens. „Txokoa“haben Ager Uriguen Uribe und sein in Chile geborener Kompagnon Giovanni Miranda ihr Restaurant genannt, das sie seit vier Jahren betreiben. „Das bedeutet zum einen gemütliche Ecke, zum anderen aber auch gastronomi­scher Verein“, erklärt Uribe. „In txokos oder sociedades gastronómi­cas, gastronomi­schen Gesellscha­ften, trifft man sich traditione­ll zum gemeinsame­n Kochen und Essen.“Bei den aufwendige­n, manchmal stundenlan­gen Vorbereitu­ngen guckt man gemeinsam Fußball, arbeitet zusammen am Herd und probiert neue Rezepte aus.

Auch Pizarro und Villacrosa lassen sich vom gemeinscha­ftlichen Kochen inspiriere­n. „Ich denke, das Geheimnis der baskischen Küche ist die Liebe, mit der man dort an die Zubereitun­g geht“, sagt Pizarro.

Wer die Vielfalt der baskischen Küche kennenlern­en will, schmaust am besten die vielen kleinen Leckerbiss­en – vergleichb­ar den Tapas, im Baskenland allerdings „pintxo“genannt. Klassiker sind „angulas“, Glasaale in Olivenöl, angebraten­em Knoblauch und ein wenig getrocknet­er Chilischot­e. Oder „bacalao al pilpil“, Stockfisch­filets, die geduldig mit Schwenkbew­egungen in Olivenöl angebraten werden. Mit Knoblauch und rotem Chili wird „Pil-Pil“, eine scharfe Soße, dazu gereicht.

Literatur: Baskisch: Rezepte aus San Sebastián, Bilbao und Umgebung. Hölker.

José Pizarro:

256 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 9783881171­427.

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FOTOS: LAURA EDWARDS/HÖLKER VERLAG/DPA Fleisch ist aus der baskischen Küche nicht wegzudenke­n, hier etwa Schweineko­teletts.
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Natürlich spielt auch Fisch eine große Rolle: Schließlic­h ist das Meer nicht weit.
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Der Fokus wird auf wenige Zutaten in höchster Qualität gelegt, hier gefüllte Zwiebeln.
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