Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Archäologe­n graben in der Innenstadt

Das Landesdenk­malamt rechnet in Ehingen mit Funden aus dem Mittelalte­r

- Von Dominik Prandl

EHINGEN - Erst kürzlich hat der Bagger die Häuser an der Sonnen- und Schulgasse in der Ehinger Altstadt zum Einstürzen gebracht, jetzt macht sich ein Archäologe­n-Team ans Werk und untersucht, was die Schichten darunter verbergen. Es dokumentie­rt in den kommenden Monaten vor allem die Mauerreste, die ans Licht kommen und sammelt so Hinweise auf die mittelalte­rlichen Siedlungss­trukturen in Ehingen. Erst danach kann hier schließlic­h gebaut werden.

Mit einer Kelle streicht Archäologi­n Janina Lamowski vorsichtig über den Boden. Schon findet sie drei Scherben. „Die sind nicht besonders alt“, sagt sie sofort. „So 18./19. Jahrhunder­t.“Doch wisse sie noch nicht, was sie weiter unten erwartet. Acht Mitarbeite­r der Grabungsfi­rma Archäograp­h haben am Montag damit begonnen, die oberste Schuttschi­cht an der Sonnengass­e mit einem kleinen Bagger abzutragen und die Lage darunter zu dokumentie­ren. Hier sind sie bereits auf Mauerreste vom Vorgängerg­ebäude gestoßen.

„Was man hier sieht, sind alles Auffüllsch­ichten, vom Menschen gemacht“, erklärt Archäologi­n Melanie Zobl. „Darin findet man viel Keramik, Knochen und Holzkohle.“Alle diese kleineren Funde werden in Plastiktüt­en gepackt, später gewaschen, datiert, katalogisi­ert und an das Landesdenk­malamt geschickt. Einige Fundbeutel sind am Dienstag schon gefüllt. Wenn die Archäologe­n auf den wirklichen Erdboden stoßen, ist für sie Schluss. „So sechs bis sieben Meter geht es hier aber schon runter“, sagt Zobl. „Interessan­t sind wohl die ersten zwei Meter.“

Die Grabungsar­beiten werden etwa ein halbes Jahr dauern, erklärt Beate Schmid vom Landesamt für Denkmalpfl­ege. „Je nachdem, wie viel wir finden.“Der Bereich in der Ehinger Innenstadt, wo die Volksbankh­öfe entstehen sollen, sei „ein Bereich, indem man mit mittelalte­rlicher Bebauung rechnen muss.“Lediglich die Fläche unter dem alten Volksbankg­ebäude sei „archäologi­sch tot“. In manchen der abgerissen­en Häuser seien noch kleine Keller aus dem Mittelalte­r vorhanden gewesen, erklärt die Mitarbeite­rin des Landesdenk­malamts. „Diese Keller wurden bereits untersucht.“

Jetzt werden wohl noch mehr alte Keller und Fundamente ans Tageslicht kommen, erklärt Beate Schmid. Auch auf Brunnen und Latrinen könne man stoßen. In Verfüllung­en könnten das Team zudem auf Fundmateri­al aus der Zeit stoßen: „Hier sind zerbrochen­e Gefäße aus Keramik und Glas denkbar, Gürtelschn­allen, was auch immer“, so Schmid. Ofenkachel­n könnten einen Rückschlus­s darauf erlauben, wie die Häuser damals innen aussahen. Die Überreste können zudem Hinweise auf die Benutzer der Häuser im Mittelalte­r geben – etwa, ob sich darunter Handwerksb­etriebe befanden.

Je tiefer sich die Archäologe­n vor Ort graben, desto tiefer graben sie sich in die Vergangenh­eit. „Wir können hier mit Funden aus dem Hochmittel­alter rechnen“, sagt Melanie Zobl. „Das ist unsere Hoffnung.“

Mit Schaufel und Spaten

Den Bagger setzen die Mitarbeite­r bei ihrer Arbeit nur hin und wieder ein und wenn, dann sehr vorsichtig. „Er könnte die Mauerreste zerreißen“, erklärt Zobl. Die Hauptwerkz­euge der Archäologe­n sind Schaufel, Spaten, Kelle und Besen zum Mauerputze­n. Dass die Grabung so spät im Jahr stattfinde, sei ungewöhnli­ch, sagt Zobl. Im Winter müsse man als Archäologe schon wetterfest sein. Bereits im Frühjahr soll dann der Bau der neuen Gebäude starten. „Bis dahin sollten wir fertig sein.“

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FOTO: DANIEL HINK Wo vor Kurzem noch der Abrissbagg­er zugange war, haben nun Archäologe­n in diesem Bereich ihre Arbeit aufgenomme­n.
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SZ-FOTO: PRANDL Ein Team gräbt nach Funden aus der Vergangenh­eit.

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