Den Schuss nicht gehört
Selbstverständlich dürfen Politiker im Streit um Positionen pokern, poltern, provozieren. Vor allem zu Beginn von Verhandlun- gen ist eine solche Taktik ratsam. Doch die Jamaika-Unterhändler stehen längst nicht mehr am Anfang. Sie sollten vielmehr langsam zu Potte kommen, wenn sie die Bürger nicht bereits vor der Bildung einer Koalition koalitionsmüde machen wollen. Umso unverständlicher ist es, dass CSULandesgruppenchef Alexander Dobrindt sich so unversöhnlich zeigt. Was will dieser Mann, dessen fataler Ehrgeiz als Verkehrsminister vor allem darin bestand, sich an der Maut abzumühen? Den starken Mann geben, um die Wähler in Bayern bei der Stange zu halten? Dabei erwarten selbst 71 Prozent der CSU-Anhänger Zugeständnisse von ihrer Partei, wenn man einer Forsa-Umfrage glauben darf. Dobrindt hat offensichtlich den Schuss nicht gehört. Grüne und FDP haben längst ihre Maximalforderungen in der Klima- beziehungsweise Steuerpolitik aufgegeben – und den Weg zu einem Kompromiss aufgezeigt. Diesen Weg sollte auch die CSU einschlagen. Aber vielleicht reicht die Macht des angezählten CSU-Chefs Horst Seehofer nicht einmal mehr dazu, seinen polternden Landesgruppenchef im Zaum zu halten.