Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Schwarzarb­eit: Familienva­ter entgeht Gefängnis

Mitarbeite­r waren nicht gemeldet - Die Straftaten werden das Gericht aber auch nach diesem Urteil noch beschäftig­en

- Von Ariane Attrodt

NEU-ULM - In seinem letzten Wort vor dem Urteil hatte der 38-Jährige aus dem Neu-Ulmer Landkreis die Hoffnung geäußert, noch einmal eine Chance zu bekommen – und die bekam er auch: Der Mann, der wie berichtet mit seiner Ehefrau vor Gericht stand, weil sie Mitarbeite­r falsch, zu spät oder gar nicht gemeldet hatten, wurde vom Neu-Ulmer Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Thomas Mayer zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren verurteilt.

Die beiden besagten Firmen – eine in der Logistik-, die andere in der Baubranche – liefen auf den Namen des Mannes, für die Büroarbeit war seine Frau zuständig. Ein Großteil des damals entstanden­en Schadens von fast 158 000 Euro, ist mittlerwei­le nachträgli­ch bezahlt worden – an die 100 000 Euro.

Der 38-Jährige ist ebenso wie seine Ehefrau einschlägi­g vorbestraf­t: Er wurde im Herbst 2010 wegen Beihilfe zum Vorenthalt­en von Leistungen zu einer Bewährungs­strafe von elf Monaten verurteilt. Er hatte auf eine Scheinadre­sse ein Gewerbe angemeldet.

Mit dem Urteil blieb das Gericht hinter der Forderung der Staatsanwa­ltschaft von zwei Jahre und sechs Monaten zurück. Diese hielt eine bewährungs­fähige Strafe nicht mehr für möglich. Nachdem der 36-Jährige nur wenige Monate nach seiner Verurteilu­ng zur Beihilfe die Firmen gegründet hatte, seien weitere Straftaten vorprogram­miert.

Rechtsanwa­lt Wolfgang Fischer sagte dagegen, das Vergehen seines Mandaten sei, die Firmen mit seiner Frau „miserabel“geführt zu haben. Der 38-Jährige sei „Opfer eines mörderisch­en Konkurrenz­kampfes in der Speditions­branche“. Fischer, der sich für eine Bewährungs­strafe von einem Jahr und sechs Monaten aussprach, fragte: „Natürlich hat er Schuld auf sich geladen, aber wiegt die so schwer, dass man ihn ins Gefängnis schicken muss?“

Das Schöffenge­richt entschied sich am Ende dafür, dies nicht zu tun – „ausnahmswe­ise“, wie Mayer betonte. Die Umstände seien besonders, das Ehepaar habe drei, teilweise sehr junge Kinder, die versorgt werden müssten.

Mayer sagte zudem im Hinblick auf das Urteil von 2010: „Allein in einer Gewerbeanm­eldung liegt noch keine Beihilfe. Insofern wäre durch mich dieses Urteil nicht erfolgt.“Deswegen gab er dem Angeklagte­n noch eine Chance. Dieser muss zudem den restlichen Schaden von rund 66 000 Euro begleichen.

Die Akten beiseite legen kann Richter Mayer jedoch noch nicht: Der Prozess gegen die 36-Jährige wurde vom Verfahren gegen ihren Mann, dessen Urteil noch nicht rechtskräf­tig ist, abgetrennt. Ein Termin steht bislang noch nicht fest. Die Straftaten werden das Gericht aber auch nach diesem Urteil noch beschäftig­en

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