Das Wunder der Farben
Volker Sonntag spricht in der Ehinger Galerie über Emotionen der Malerei
EHINGEN (kö) - Fasziniert haben die Besucher in der Städtischen Galerie zugehört, als Volker Sonntag ihnen viel Wissenswertes über den Zauber und das Wunder der Farben erklärte.
„Farben wecken nicht nur Emotionen, warme Farben wie Rot und Orange stimulieren auch den Kreislauf. In Räumen, in denen Rot vorherrscht, werden wir aktiv, empfinden Wärme“, sagte Sonntag seinen Zuhörern. Interessant auch, dass man in solchen Räumen die Heiztemperatur um zwei Grad zurückstellen kann. Pferde, die man in orange-rote Boxen gestellt hat, brauchten mehrere Stunden, bis sie sich beruhigt hatten. Blau wird in der Kunst als Farbe der Sehnsucht bezeichnet. „Die blauen Pferde von Franz Marc sind spirituelle Wesen. Die unmittelbar mit Gott in Kontakt waren“, erklärte Sonntag anhand von eingestreuten Bildern. Die Farbe Blau, erfuhren seine Zuhörer, wirkt unmittelbar auf die Zirbeldrüse, wo das Melatonin hergestellt wird. Wenn blaues Licht aufs Auge fällt, wird das Melatonin gehemmt, man wird nicht müde, man verwendet es für Räume, in denen Menschen nachts arbeiten müssen. Tageslicht hat einen hohen Blauanteil. Van Gogh hat Farben als Energiefarben verwendet. Einem Nachtcafé in Arles, wo sich die Überreste der Nacht trafen, hat er rote Wände gegeben um die niedrigen Leidenschaften der Menschen auszudrücken, so Sonntag. Wenn die Impressionisten anfangs noch viele Mischfarben verwandten, gingen sie doch bald dazu über, nur noch Farben aus den Spektralfarben zu mischen. Die Künstler der Brücke malten die Farben noch extremer.
Der hochmusikalische Paul Klee arbeitete mit Farbklängen, um bestimmte Gefühle auszudrücken. So heißt eines seiner Werke „herbstlicher Klang“. Apokalyptische düstere Stimmungen wurden mit blaugrauen Farben wiedergegeben. Im Mittelalter war Gold die göttliche Farbe, die Gewandfarben der Maria waren Blau und Rot, Gelb galt als die Farbe der Verderbtheit, was sich in der Geschichte fortgesetzt hat. Sonntag nannte den gelben Judenstern im Dritten Reich als schlimmes Beispiel. Im Hinduismus ist Gelb dagegen die Farbe der Erleuchtung, Weiß die Farbe der Trauer. In der Politik ist Rot die Farbe der Arbeiter und des Kommunismus.
Heute werden kommerziell genutzte Räume von Farbberatern ganz gezielt gestaltet. „In der Werbung sind Farben so wichtig, dass sie patentiert werden, wie das Blau der Nivea Dose. Die Lebensmittelindustrie färbt ein, um Geschmacksreize zu beeinflussen“, sagte Sonntag.
Der Maler Kandinsky war Anhänger der Synästhesie, er legte eine Farbtabelle an, nach der bestimmte Farben bestimmte Klänge symbolisierten – gelb entsprach einem Trompetenton, braun dem eines Holzblasinstrumentes.
Mit synästhetischen Empfindungen arbeitet die Werbung heute gezielt, psychische Beeinflussung geschieht durch Licht, bei einem Popkonzert werden ganze Arenen in einen Farbrausch versetzt.