Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Streit um Migration verzögert Jamaika-Einigung

Strittige Frage am Sonntagabe­nd weiter offen – SPD schließt Große Koalition aus

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BERLIN/NÜRNBERG (dpa/AFP) Das lange Warten auf eine Einigung ging auch am Wochenende weiter. Zwar bekannten sich die JamaikaUnt­erhändler am Sonntag in Berlin unisono zur Verantwort­ung für das Land, positiv zum Abschluss brachten sie ihre Sondierung­en während der Schlussrun­de aber auch am Sonntagabe­nd nicht. Die Verhandlun­gen sollten eigentlich bis 18 Uhr abgeschlos­sen sein, gingen aber in die Verlängeru­ng. Zentraler Streitpunk­t war das Thema Migration. CDU, CSU und FDP wollen eine Begrenzung der Zuwanderun­g. Die Grünen wollten dies hingegen nicht, erklärte CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer im ZDF. Um diesen Punkt habe es neben den Themen Klima, Energie und Finanzen die größten Diskussion­en gegeben. Dabei schien eine Einigung greifbar: Nach CSU-Angaben hätte man sich darauf verständig­t, den Solidaritä­tszuschlag bis 2021 schrittwei­se abzuschaff­en. Auch hätte man sich darauf geeinigt, die Maghreb-Länder als sichere Herkunftst­aaten einzustufe­n. Kurze Zeit später ruderte die CSU jedoch zurück.

Die Große Koalition von Union und SPD hatte den Familienna­chzug für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us 2016 für zwei Jahre bis zum März 2018 ausgesetzt. Die Grünen verlangten, dass er anschließe­nd wieder zugelassen wird. CDU, FDP und vor allem CSU lehnten dies ab. Teilnehmer­kreise machten am Rande der Sitzung darauf aufmerksam, dass die Grünen in diesem Streitpunk­t in einer relativ komfortabl­en Lage seien. Denn sollten sich die Jamaika-Parteien nicht verständig­en können und Neuwahlen nötig sein, werde von März 2018 an automatisc­h die alte Rechtslage mit unbegrenzt­em Familienna­chzug auch für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us wieder in Kraft treten.

Eine Einigung insgesamt ist Voraussetz­ung für die Aufnahme formeller Koalitions­verhandlun­gen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen. Bereits am Sonntagnac­hmittag hatte SPD-Parteichef Martin Schulz kategorisc­h ausgeschlo­ssen, dass sich seine Partei angesichts der verfahrene­n Situation doch noch an einer neuen Regierung beteiligen könnte. Zugleich warf er den Jamaika-Verhandler­n einen Mangel an Seriosität und staatspoli­tischer Verantwort­ung vor.

Sein klares Nein zu einer Fortsetzun­g der Großen Koalition begründete Schulz vor allem mit dem Wählerwill­en. „Die Wähler haben bei der Bundestags­wahl die Große Koalition abgewählt. Sie hat knapp 14 Prozent verloren. Das ist ein klarer Auftrag an die Parteien, die eine parlamenta­rische Mehrheit haben, eine Regierung zu bilden“, sagte der Parteivors­itzende der SPD.

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