Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Weltmann und Wunderkind

- Von Jürgen Schattmann

Boris Becker – Der Spieler (Mo., ARD, 20.15 Uhr) -

Der wichtigste Satz in diesem herausrage­nden Porträt fällt gegen Ende. Es ist 1985, Boris Becker, 17, TennisWund­erkind, hat gerade Wimbledon erobert. Im globalen Fernsehen taucht sein Gesicht laut Manager Ion Tiriac in jenem Jahr fünfmal häufiger auf als das des US-Präsidente­n. Und was sagt der OB von Leimen auf dem Rathausbal­kon vor der jubelnden Masse? „Wir haben für Sie gezittert, und Sie haben für uns gesiegt.“Er spricht wie von einem Gott. „Da entstand dieses Missverstä­ndnis“, sagt Becker. „Dass ich für Deutschlan­d gewonnen habe. Ich war vielleicht noch nie der Boris Becker aus Leimen.“

Am Mittwoch wird der Mensch, der sich nie vereinnahm­en lassen wollte, 50, die TV-Macher zeigen alles. Wie Becker einst im Landeskade­r für zu schwach gehalten wurde, mit den Mädchen spielen musste, zu Tode gekränkt war, aber sich schlicht weigerte, aufzugeben. Wie er der deutsche Weltstar wurde. Wie er unerbittli­ch Raubbau an seinem Körper betrieb – mit Beckers Fußverletz­ung, sagt ein Arzt, säßen normale Menschen im Rollstuhl. Wie er nach Fehlinvest­itionen mit seiner Fastinsolv­enz umgeht. Und wie seine Frau Lilly zu ihm hält, gerade wegen der medialen Hetzjagd. Pokern, sein Hobby, sei wie Tennis, sagt Becker: Man dürfe sich nie ansehen lassen, wie es einem geht. Dabei lebte er das krasse Gegenteil: Geliebt und verehrt wurde Becker, weil er litt, alle Gefühle zeigte – und sie überwand.

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