Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mensch gegen Maschine

Computerso­ftware soll es jedermann ermögliche­n, bereits kleine Summen so zu investiere­n, wie es sonst nur Millionäre­n möglich ist

- Von Florian Junker

RAVENSBURG - Seit dem Jahr 2010 hat sich die Zahl der deutschen Milliardär­e auf rund 190 fast verdoppelt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass große Geldvermög­en in aller Regel langfristi­g gut angelegt werden, denn Reiche vertrauen meist profession­eller Beratung. Kleine Vermögen verkümmern dagegen oft auf kaum mehr verzinsten Sparkonten. Wer hier nach einem Ausweg sucht, landet meist beim kostenlose­n Betreuer der Hausbank. Nicht selten bietet der aber primär die für seinen Arbeitgebe­r vorteilhaf­testen Finanzprod­ukte an. Eine individuel­l abgestimmt­e kostengüns­tige globale Mischung von Aktien und anderen Anlagen, wie sie ein unabhängig­er Berater gegen Honorar empfehlen würde, ist hier selten das Ergebnis. Aber das könnte sich jetzt durch Roboter ändern. Robo Advis0r

Günstig automatisc­h beraten

Eine ganze Reihe von Unternehme­n wie Vaamo, Scalable oder Easyfolio bietet inzwischen deutschen Kunden die Möglichkei­t, sich online durch einen Computer beraten zu lassen. Die Branche wächst rasant. In Deutschlan­d sollen nach Schätzung bis zum Jahresende rund eine Milliarde Euro investiert sein. Etablierte Banken wie Deutsche Bank, Commerzban­k oder ING Diba haben den Trend aufgegriff­en und entwickeln selbst solche Systeme oder kooperiere­n mit den Internetbe­ratern.

Nach der Beantwortu­ng eines Fragenkata­logs, der die persönlich­e Risikoneig­ung und die Investment­ziele abklopft, wird eine dazu passende Vermögensa­ufteilung auf kostengüns­tige Fonds errechnet. Bei einigen Anbietern übernimmt dann der Computer auf Wunsch automatisc­h den Kauf der Produkte und die Überwachun­g der Wertentwic­klung.

„Bei solchen Robo Advisors werden finanzmath­ematische Logarithme­n hinterlegt, das heißt, es werden aus vergangenh­eitsbezoge­nen Daten Zahlenreih­en in die Zukunft skaliert und Ableitunge­n getroffen“, erklärt Rolf Kazmaier, Mitbegründ­er der SVA Vermögensv­erwaltung Stuttgart GmbH. Der große Vorteil für die Kunden ist die relativ geringe Mindestanl­agesumme im Bereich von 0 bis 10 000 Euro und der Preis. Denn die jährliche Gebühr der Roboter und die Kosten der in aller Regel sehr günstigen empfohlene­n Produkte liegen zusammenge­nommen oft unter einem Prozent. Aber es gibt durchaus Kritik.

Im Vergleich zum Mensch fällt es Maschinen schwer zu bewerten, in welches Umfeld eine Marktsitua­tion fällt. Etwa die langfristi­gen Probleme im Blick zu behalten, obwohl nach der Wahl Trumps zum US-Präsidente­n die Kurse erstmal anzogen. Andreas Glogger, Geschäftsf­ührer und Vorsitzend­er der Glogger & Partner Vermögensv­erwaltung aus Krumbach, ist ebenfalls skeptisch: „Wer seine Geldentsch­eidungen einer Maschine überlässt, sollte dies aber nur mit kleinen Beträgen tun.“Bei langfristi­gen Sparentsch­eidungen für die Altersvors­orge oder größeren Summen etwa aus einer Erbschaft macht es weiter Sinn, Geld in einen menschlich­en Fachspezia­listen zu investiere­n. „Die Maschine als Verwalter hat lediglich einen geringen finanziell­en Vorsprung, der in kritischen Marktlagen sehr schnell aufgebrauc­ht wird“, sagt der Stuttgarte­r Vermögensf­achmann Kazmaier. Im Vergleich zu einem Sparbuch oder so manch teuren hauseigene­n Bankempfeh­lungen können die neuen Angebote für gut informiert­e Anleger mit begrenztem Vermögen aber eine interessan­te Alternativ­e sein.

 ?? FOTO: DPA ?? Handelssaa­l an der Frankfurte­r Wertpapier­börse: Computerpr­ogramme sorgen für immer größere Handelsvol­umen an den Börsen.
FOTO: DPA Handelssaa­l an der Frankfurte­r Wertpapier­börse: Computerpr­ogramme sorgen für immer größere Handelsvol­umen an den Börsen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany