Größe gezeigt, an 2018 gedacht
Roger Federer nimmt das Halbfinal-Aus bei der Tennis-WM so, wie er in diesem Jahr gespielt hat: meisterlich
LONDON (dpa/SID) - Nach dem abrupten Ende einer famosen Saison will Roger Federer seinen zweiten Frühling verlängern. Schon vor dem zweiwöchigen Familienurlaub dachte der 36 Jahre alte Tennisstar an die neue Saison und die nächsten Erfolge in Australien. „Ich kann es nicht abwarten, dort wieder zu spielen“, sagte Federer. Von der verpassten Titelchance beim Saisonfinale in London war der Rekordmann zwar enttäuscht, er jammerte aber nicht. Im Gegenteil.
Anfang Dezember wird Federer wieder mit dem Training beginnen. Ende desselben Monats tritt die langjährige Nummer 1 in Perth beim Hopman Cup an, um die Form für die Mission Titelverteidigung bei den Australian Open zu finden. In Melbourne hatte Federers grandiose ComebackStory heuer auch ihren Anfang genommen.
Nach dem Australian-Open- und Wimbledon-Triumph sowie dem verletzungsbedingten Aus für seinen Rivalen Rafael Nadal war Federer am Samstag in London bei den ATP Finals völlig unerwartet, aber verdient mit 6:2, 3:6, 4:6 im Halbfinale am Belgier David Goffin gescheitert. Alle vorangegangenen sechs Partien gegen den Weltranglisten-Achten hatte der Baseler gewonnen. Eigentlich wollte er sein wundersam erfolgreiches Jahr mit seinem siebten WM-Titel krönen.
„Ziemlich enttäuscht“sei er, gab Federer zu. Angesäuert wirkte der Grand-Slam-Rekord-Champion jedoch nicht. Geduldig und ruhig erklärte er, dass Goffin einfach der Bessere gewesen sei. „Ich freue mich für ihn. Er ist ein großartiger Kerl.“Nicht nur auf dem Platz Größe zu zeigen, ist eine der Eigenschaften, die Roger Federer auszeichnen. Allüren oder schlechte Laune kennt man öffentlich von ihm nicht.
Sieben Turniere gewann er in dieser Saison, mehr als jeder andere. Das Tennisjahr 2017 beendete er als Nummer 2 der Welt hinter dem Spanier Nadal. In der Weltranglisten-Geschichte war nie ein Spieler, der das geschafft hat, älter als er. Von 57 Partien verlor er nur fünf. Und all das nach einem 2016 mit maladem Knie, Rückenproblemen und einem vorzeitigen Saison-Aus ohne Titel. Das Geheimnis? Roger Federer hat akzeptiert, dass er im reifen Tennisalter seine Kräfte gezielt einsetzen muss. „Ich kann nicht mehr 25 Turniere spielen – also ich kann es, aber wir wissen alle, was das Resultat wäre“, sagte er. Nach den Verletzungsproblemen im Vorjahr trat Federer 2017 bei deutlich weniger Turnieren an, die Sandplatzphase ließ er komplett aus. Über die Option, 2018 auf Sand dabei zu sein, denke er jetzt wieder nach. „Für nächstes Jahr kommt alles auf den Tisch.“
Aber zunächst stehen jetzt zwei Wochen Familienurlaub an, mit seiner Frau Mirka, den Zwillingsmädchen Myla und Charlene und den Jungs Leo und Lenny. „Das brauchen wir am Saisonende. Nicht nur ich, auch meine Frau und meine Kinder“, erzählte Federer. „Das ist die wertvollste Zeit für uns. Wir lieben das.“
Grigor Dimitrow hat das ATP-Finale gewonnen. Der an Position sechs gesetzte Bulgare besiegte am Sonntagabend im Endspiel David Goffin (Nr. 7) mit 7:5, 4:6, 6:3 und bekam als Belohnung die von Boris Becker auf den Court gebrachte mächtige Silbertrophäe überreicht. Vor 17 500 Zuschauern verwandelte Dimitrow nach 2:30 Stunden seinen fünften Matchball.