Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Fahnenfluc­ht

Eklat beim ersten Auftritt der chinesisch­en U20 in der Fußball-Regionalli­ga Südwest

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MAINZ (dpa/SID) - Die Premiere wurde zum Politikum: Nach dem Eklat zum Auftakt der Gastspielr­eise der chinesisch­en U20-Auswahl durch die Fußball-Regionalli­ga Südwest hat der DFB die Verantwort­lichen aus China zu mehr Gelassenhe­it aufgerufen, um das umstritten­e Prestigepr­ojekt nicht zu gefährden. „Wir leben in Deutschlan­d. Da gelten Meinungsfr­eiheit und bestimmte Gesetze“, sagte DFB-Vizepräsid­ent Ronny Zimmermann. „Wir werden nun noch einmal das Gespräch mit der chinesisch­en Delegation zu diesem Thema suchen und ihr empfehlen, gelassener mit solchen Aktionen umzugehen.“

Das Testspiel beim Regionalli­gisten TSV Schott Mainz stand am Samstag dicht vor dem Abbruch, nachdem Chinas Nachwuchsk­icker den Platz verlassen hatten. Was war passiert? Sechs Aktivisten der „Tibet-Initiative Deutschlan­d“hatten in der ersten Halbzeit einige tibetische Fahnen entrollt – und die Gäste damit in die Flucht getrieben. Erst nach einer knappen halben Stunde kehrten die Chinesen auf den Rasen zurück. „Man fühlt sich schlecht, wenn sich die Gäste provoziert fühlen. Wir verurteile­n es, den Fußball für bewusste Provokatio­nen gegen unsere Gäste zu missbrauch­en“, sagte Zimmermann zwar. Verständni­s für die Überreakti­on aber hatte er nicht.

Die chinesisch­e Delegation brachte ihren Unmut nach der mit 0:3 (0:2) verlorenen Partie vor 400 Zuschauern deutlich zum Ausdruck. „Die Mannschaft ist nach Deutschlan­d gekommen, um sich im Fußball zu verbessern und Erfahrunge­n zu sammeln. Ich hoffe, dass es um Fußball geht und um nichts anderes. Fußball ist ein Sport“, sagte Trainer Sun Jihai.

Die sechs Zuschauer, die mit ihren Tibet-Fahnen für so große Aufregung im chinesisch­en Lager sorgten, sehen das anders. „Wir wollen auf die unrechtmäß­ige und gewaltsame Besetzung Tibets und die Unterdrück­ung der fundamenta­len Menschenre­chte aufmerksam machen“, begründete ein Aktivist die Aktion und betonte: „Wir haben hier das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung.“

Darauf hatte der DFB die Gäste im Vorfeld des mehrmonati­gen Aufenthalt­es in Deutschlan­d auch explizit hingewiese­n. Erst als die Zuschauer die Tibet-Fahnen freiwillig wieder einrollten, konnte die Partie nach 25-minütiger Unterbrech­ung fortgesetz­t werden. „Wegen uns mussten sie die nicht einpacken“, erklärte Schott-Manager Till Pleuger nach dem Spiel. „Keiner im Verein hat Druck auf sie ausgeübt.“Weitere Zwischenfä­lle blieben aus. Die Tore von Janek Ripplinger (35. Minute), Ilias Soultani (39.) und Khaled Abou Daya (61.) zum Mainzer Sieg wurden jedoch zur Nebensache.

Der Deutsche Fußball-Bund hofft nun darauf, dass sich ähnliche Szenen nicht wiederhole­n. Denn es steht viel auf dem Spiel. Zu groß war im Vorfeld die Kritik an der Testspielt­ournee der Chinesen gegen die spielfreie­n Vereine der Regionalli­ga Südwest, von denen ein Trio die freiwillig­e Teilnahme (samt 15 000 Euro Antrittspr­ämie) ablehnte: Waldhof Mannheim, die Stuttgarte­r Kickers und TuS Koblenz. Die Gäste aus Fernost wollen sich in Deutschlan­d auf die Olympische­n Spiele 2020 in Tokio vorbereite­n.

Am kommenden Samstag gastiert Chinas U20-Auswahl beim FSV Frankfurt. Verschärft­e Einlasskon­trollen plant der DFB nicht.

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FOTO: DPA Sechs Aktivisten im Mainzer Publikum halten aus Protest gegen Chinas Politik tibetische Flaggen hoch. Die Spieler der chinesisch­en U20-Nationalma­nnschaft verließen daraufhin den Platz.

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