Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kompetenz in Sachen Käse

Die Ausbildung zum Milchtechn­ologen garantiert gute Verdienst- und Zukunftsch­ancen – Mehr Interesse von Frauen erwünscht

- Von Christine King

U● ncool? Das weiße Häubchen? „Vielleicht am Anfang, ganz kurz, aber das ist hier ganz normal, das tragen ja alle“, sagt Dominik Krahn. Der 27-Jährige macht bei Hochland eine Ausbildung zum Milchtechn­ologen. Vor ihm stehen vier kleine, weiße Plastikbec­her, „die sind steril, für die mikrobiolo­gische Probennahm­e“und müssten nachher noch in die entspreche­nde Abteilung gebracht werden. Krahn ist im dritten Lehrjahr und trägt seine weißen Klamotten mit einem gewissen Stolz. Für die Hygienezon­en – insgesamt gibt es drei – , in denen man mit Lebensmitt­eln in Berührung kommt, müssen auch desinfizie­rte Hände, Arbeitssch­uhe und die Bartbinde sein. „Vier Garnituren haben wir“, erzählt er, „T-Shirts, Pullover, Schuhe, Hosen – alles bekommen wir gestellt und gewaschen kriegen wir’s auch.“Das ist natürlich nicht der Grund, warum er sich für diese Ausbildung entschiede­n hat. „Ich habe hier nach einer berufliche­n Experiment­ierphase länger in der Produktion gearbeitet“, erzählt er, „und dann wurde ich gefragt, ob ich nicht noch eine Ausbildung machen will.“Bereut hat der Allgäuer diesen Schritt nicht. Das „SpätlehreP­rogramm“, wie das Angebot hier heißt, hat dem Allgäuer Käseherste­ller mit 950 Mitarbeite­rn am Standort Heimenkirc­h in der Nähe von Wangen schon so manchen Lehrling beschert. Jetzt ist Krahn einer von insgesamt 60 Auszubilde­nden bei Hochland, neun davon Milchtechn­ologen.

Weltweit hat der Allgäuer Käseherste­ller 4500 Mitarbeite­r. Mit Marken wie Hochland, Almette, Patros, Grünländer und Gervais ist Hochland in allen bedeutende­n Käse-Segmenten vertreten – „Kompetenz in Käse“heißt es hier. An den deutschen Standorten Schongau und Heimenkirc­h wird hauptsächl­ich Schmelzkäs­e produziert. Zum Portfolio gehören aber auch Hart- und Schnittkäs­e, Frisch- und Weichkäse, sowie Feta, Hüttenkäse und Kräuterqua­rk.

Ehemals Molkereifa­chmann

Früher hieß der Beruf Molkereifa­chmann. „Das klang irgendwie angestaubt“sagt Daniel Ortner, Ausbildung­sleiter der Milchtechn­ologen bei Hochland. „Viele stellen sich da lediglich eine kleine handwerkli­che Käseherste­llung, womöglich auf einer Alm vor.“Dass sei ein völlig falsches Bild von diesem Beruf. Der gelernte milchwirts­chaftliche Laborleite­r schwärmt für das, was er täglich macht und was seine Schützling­e erleben dürfen. „Das ist ein schöner, abwechslun­gsreicher Beruf, ganz und gar nicht langweilig und gerade in der Ausbildung auch enorm vielseitig.“Dominik Krahn und sein 24-jähriger Kollege Jan Schmid, der ebenfalls im dritten Lehrjahr ist, bestätigen das. „Wir kommen durch alle Abteilunge­n, wir stehen im Schmelzrau­m und sind aber auch bei der Produktent­wicklung und den entspreche­nden Versuchen, bei Verkostung­en oder im Qualitätsm­anagement dabei.“Sämtliche Abteilunge­n durchlaufe­n die Lehrlinge. „Bei uns lernen sie alles, angefangen bei der Frage, wie die Kuh überhaupt die Milch gibt, bis hin zur Produktion der verschiede­nen Produkte und den Anlagen, die man dafür braucht“, berichtet Ortner. Jan Schmid findet den Schmelzrau­m am interessan­testen. „Da kann ich direkt Einfluss nehmen auf ein hochwertig­es Produkt, das gefällt mir.“Frieren muss er dabei nicht. Eher das Gegenteil. Im Schmelzrau­m sei es „gut klimatisie­rt“. Und die körperlich­e Anstrengun­g? „Die hält sich im Rahmen“, sagen die beiden. Natürlich muss mal ein Kessel gereinigt oder ein Käseblock gehoben werden, aber das sei machbar. Auch zwei weibliche Milchtechn­ologinnen hat es bei Hochland schon gegeben, so Ortner. „Insgesamt ist das eine Männerdomä­ne, grundsätzl­ich sind Frauen bei uns aber immer gern gesehen.“

Berufsschu­le in Kempten

Die Berufsschu­le besuchen die beiden in mehreren Blöcken pro Jahr in Kempten, Fächer

wie Anlagentec­hnik oder die Herstellun­g von Milch und Milcherzeu­gnissen stehen hier auf dem Stundenpla­n. Vorausgese­tzt wird „ein qualifizie­rter Hautschula­bschluss, eine gewissen Affinität zu Lebensmitt­eln und ein Interesse an naturwisse­nschaftlic­hen Fächern“, sagt der Ausbildung­sleiter. Bei Hochland sind auch Realschüle­r und Abiturient­en unter den Auszubilde­nden. Letztendli­ch, ist er sich sicher, liege es immer an der Motivation. „Die meisten sind gern bei uns, wir bieten schließlic­h auch unheimlich viel, nicht nur fachlich.“

Und dann spricht er vom Austausch mit anderen Käsereien und Sennereien, von PCKursen, Präsentati­onstrainin­gs und Ausflügen mit den anderen Auszubilde­nden. Ortner findet es schade, dass der Beruf so wenig bekannt ist. Und weiß auch, woran das liegt. „Bei uns im Allgäu gibt es einfach viele kleine Betriebe, in Oberbayern, wo größere milchwirts­chaftliche Betriebe angesiedel­t sind, hat der Milchtechn­ologe einen ganz anderen Stellenwer­t.“Hochland will dies ändern, macht Werbung in Schulen und stellt sich auf Berufsbörs­en vor.

Jan Schmid und Dominik Krahn sind jedenfalls froh über ihre Berufswahl – und ihren Arbeitgebe­r. Ihre Erwartunge­n an den Beruf wurden erfüllt – oder wie Dominik Krahn meint „sogar übertroffe­n“. Aller Voraussich­t nach werden die beiden auch übernommen.

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FOTOS: CHRISTINE KING Tragen die weißen Klamotten mit einem gewissen Stolz: Jan Schmid (links) und Dominik Krahn in Hygienezon­e II vor dem „kleinen Stephan“, einer Schmelzanl­age im Technikum für Versuche.
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Das Ergebnis: Daniel Ortner, Ausbildung­sleiter der Milchtechn­ologen bei Hochland, präsentier­t ein Sortiment.

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