Nachfrage und Angebot müssen übereinstimmen
Ökologische und konventionelle Landwirtschaft: Zwei Landwirte sprechen über ihren Beruf
● GRÖTZINGEN/NASGENSTADT - Vor acht Jahren war sich Jürgen Schrade aus Grötzingen sicher: „Es bringt nichts mehr, das Geld rumzudrehen. Irgendwas müssen wir machen.“Der gelernte Maschinenschlosser ist Nebenerwerbslandwirt, führt den elterlichen Hof weiter. Die Ausbildung zum Landwirt hat er an der Abendschule gemacht. Doch die Landwirtschaft, die Mutterkuhhaltung brachte nichts mehr ein. Da entschied sich Schrade 2010 für die Umstellung auf Bio. „Es funktioniert“, sagt er heute und: „Du hast das Gefühl, du tust was Gutes.“
Doch die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft sei erst einmal eine wirtschaftliche Entscheidung gewesen, sagt der 48-Jährige. „Die Preise waren schlecht und sind immer noch nicht so positiv“, erklärt er. „Das hat mich gestört.“Als Bio-Landwirt hat sich sein Ertrag zwar halbiert, weil er keinen Kunstdünger und kein Spritzmittel mehr verwendet. Dafür profitiert er heute von höheren Preisen und erhält einen Zuschuss. Und: Weil er Kunstdünger und Spitzmittel nicht mehr braucht, entstehen ihm dafür auch keine Kosten mehr.
Dass die Preise in der Landwirtschaft generell ein Problem sind, das sieht Gernot Ströbele, Landwirt aus Nasgenstadt, genauso – egal, ob für Milch, Schwein oder Geflügel. „Es funktioniert nicht, wenn man ein Jahr schwarze Zahlen schreibt und dann wieder ein paar Jahre rote“, erklärt der Milchbauer. Seinen Gewinn könne er nicht nur dafür verwenden, um mit seiner Familie zu leben, sondern er müsse auch seinen Hof samt Technik auf dem neuesten Stand halten. „Um die Technik nur auf dem gleichen Stand zu halten, muss ich pro Jahr 15- bis 20 000 Euro investieren“, sagt Ströbele. Ausgaben für Düngemittel und so weiter kämen noch hinzu.
Keine Umstellung möglich
Dass der Bio-Markt zurzeit richtig gut funktioniert, sagt auch Ströbele, der Kreisvorsitzender beim Bundesverband Deutscher Milchviehhalter ist. Doch eine Umstellung sei für ihn nicht möglich: „Die betriebliche Situation gibt’s nicht her.“Innerorts gelegen, biete der Hof keine Fläche für mehr Auslauf. Doch den müsste er den Tieren nach den Bio-Richtlinien bieten. Dass es den Kühen aber auch so gut geht, davon ist der 43Jährige überzeugt.
Jürgen Schrade hält Anguskühe. Gerade gibt es neun kleine Kälber im Stall, die bei den Mutterkühen leben. Neben Dinkel, Weizen, Hafer und Kleegras baut er auch Alb-Leisa an. Durch die Umstellung auf Bio habe er keine Mehrarbeit, sagt der 48-Jährige, „aber ich muss mehr mit der Natur arbeiten“, das heißt: Er sei abhängiger vom Wetter. Weil er auf Kunstdünger und Spritzmittel verzichtet, ist er überzeugt: „Du tust mehr für Nachhaltigkeit und Wertschöpfung.“
Dass es in der Bio-Landwirtschaft so gut funktioniert, sei der Beweis dafür, dass nur Angebot und Nachfrage im richtigen Verhältnis zueinander stehen müssen, erklärt Landwirt Gernot Ströbele. Derzeit ist die Nachfrage da noch größer als das Angebot – doch kämen immer mehr Betriebe dazu, funktioniere es irgendwann auch nicht mehr, gibt er zu bedenken.
Egal, ob bio oder konventionell: Die Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit bei einem der schönsten Berufe, wie Landwirt Ströbele selbst sagt, die finanzielle Situation nicht der Schattenseite des Berufs zuzurechnen ist. An seinem Beruf schätze er, dass er ein Stück weit sein eigener Herr ist und dass er Familie und Beruf erfolgreich unter einen Hut bekommt.