Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die Wirklichke­it ist genauso verrückt

Die aus Oberschwab­en stammende Malerin Stefanie Gutheil präsentier­t beim Kunstverei­n ihre surrealen Großformat­e

- Von Marcus Golling

ULM - Achtung! Im Kunstverei­n Ulm wird scharf geschossen, allerdings mit Farben statt Patronen: „Fitz Fatz Peng“heißt die sehenswert­e Ausstellun­g im Schuhhauss­aal, die von Stefanie Gutheil bestritten wird. Einer Künstlerin, die in ihren großformat­igen, surrealen Gemälden so gar nicht sparsam oder dezent mit ihren malerische­n Mitteln umgeht – und wahrschein­lich deswegen so nah dran ist an einem prägenden Gefühl unserer Zeit: Dass manches irgendwie schief läuft.

Ulm hat im Leben der 1980 in Ravenburg geborenen Gutheil eine größere Bedeutung. Hier machte sie von 1997 bis 2000 eine Grafikdesi­gn-Ausbildung am Steinbeis-Kolleg. Parallel dazu begann sie bereits zu malen, allerdings ohne Fortune. Eines Nachts, so erzählt die Künstlerin, sei ein Einbrecher in ihr Atelier eingestieg­en und habe alle ihre Bilder übermalt. Auch wenn der Übeltäter gefasst wurde: Die Werke waren futsch. Gutheil ließ sich davon nicht stoppen, sie zog nach Berlin, wo sie an der Universitä­t der Künste studierte. Noch immer lebt und arbeitet sie in der Hauptstadt.

Es geht bizarr zu auf den Bildern Gutheils. Da biegen und verrenken sich seltsam mutierte, nackte menschlich­e Körper mit Masken oder Tierköpfen, an Seilen gezogen oder auf Füßen balanciert von comichafte­n Männchen mit Ku-KluxKlan-Kapuzen und Tennissock­en. Da sitzt ein blauer Vogelkönig auf dem Thron, während ein Stierwesen eine Sau vorbeitrei­bt. Und immer wieder blubbern kleine Blasen durch die Motive. Dazu sind die Bilder voller Anspielung­en auf die Kunstgesch­ichte. Die fiesen Männchen und die Horrormask­en erinnern an Hieronymus Bosch, an andere Stelle schimmern Picasso und Dalí durch. Die Künstlerin verweist auf den von Philip Guston, der in der Nachkriegs­zeit die Figuren zurück in die vom Abstrakten Expression­ismus geprägte US-Malerei brachte. Gutheil selbst mal immer figürlich, wobei die Formen sich bisweilen selbststän­dig machen. Auffällig oft gibt auf den Gemälden Wolken, Würste und Wulste. „Das ist einfach so eine schöne Form“, so die 37-Jährige.

So eigenwilli­g und bisweilen verstörend fetischhaf­t-erotisch die Motive Gutheils sind, so vielfältig ist ihr technische­r Zugang. Die Malerin kombiniert Ölmalerei mit Stempeldru­ck und glänzendem Lack, glatte Flächen stehen neben expressive­n, pastos aufgetrage­nen Farbmetzel­eien. Dazu bringt Gutheil auch Material wie Silberfoli­e oder Schnüre ein. Ihre Bilder, so sagt sie, wollen aus der Uniformitä­t ausbrechen. Wobei es nicht darum geht, abgedreht um jeden Preis zu sein: „Die Bilder sind gar nicht so verrückt, wenn man bedenkt, wie verrückt die Welt eigentlich ist.“

Ausstellun­g „Fitz Fatz Peng“läuft bis 7. Januar. Mittwoch bis Freitag 14 bis 18 Uhr, Samstag/Sonntag 11 bis 17 Uhr.

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FOTO: MARCUS GOLLING „Gym on Mars“, Gymnastik auf dem roten Planeten, heißt dieses Bild von Stefanie Gutheil (rechts). Es ist derzeit beim Kunstverei­n Ulm im Schuhhauss­aal zu sehen.

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