Schwäbische Zeitung (Ehingen)

ZF-Aufsichtsr­at will Sommer entlassen

Aufsichtsr­at des Autozulief­erers ZF berät Anfang der Woche die Ablösung des Vorstandsc­hefs

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN (ben) - Der Aufsichtsr­at des Autozulief­erers ZF mit Sitz in Friedrichs­hafen kommt bereits diese Woche zu einer außerorden­tlichen Sitzung zusammen, um über die Entlassung von Vorstandsc­hef Stefan Sommer zu beraten. Das erfuhr die „Schwäbisch­e Zeitung“aus Unternehme­nskreisen. Sommer will seinen Posten aber nicht freiwillig räumen, er sei nach wie vor von seiner Strategie überzeugt. Vertreter der Eigentümer hatten den 54-Jährigen aufgeforde­rt, von sich aus zurückzutr­eten. Die Sitzung soll in der ersten Wochenhälf­te stattfinde­n.

● FRIEDRICHS­HAFEN - Der Automobilz­ulieferer ZF steht vor einer Woche der Entscheidu­ngen: Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Unternehme­nskreisen tritt der Aufsichtsr­at bereits Anfang der Woche zusammen, um über die Entlassung von Vorstandsc­hef Stefan Sommer zu entscheide­n. Die nächste reguläre Sitzung des Kontrollgr­emiums war eigentlich erst für den 12. Dezember vorgesehen. Friedrichs­hafens Oberbürger­meister Andreas Brand, der die Zeppelin-Stiftung als Haupteigen­tümer von ZF im Aufsichtsr­at vertritt, plant am Dienstag auf einer Betriebsve­rsammlung in Friedrichs­hafen zu sprechen und seine Position zu erläutern.

Das Umfeld des ZF-Chefs sagt, Sommer wolle nicht freiwillig zurücktret­en, weil er von seiner Strategie überzeugt ist. Vonseiten der Eigentümer, der Zeppelin-Stiftung, die 93,8 Prozent der Anteile hält, und der Ulderup-Stiftung, der die restlichen Anteile gehören, sei Sommer aber zum Rücktritt aufgeforde­rt worden. Andreas Brand wollte die Pläne des Aufsichtsr­ats und eine mögliche außerorden­tliche Sitzung nicht kommentier­en.

Nach jetztigem Stand müsste der stellvertr­etende Chef des Aufsichtsr­ats, Frank Iwer von der IG Metall, die außerorden­tliche Sitzung des Kontrollgr­emiums leiten, nachdem Giorgio Behr vor einer Woche als Vorsitzend­er zurückgetr­eten war. Behr gilt als Unterstütz­er Sommers, der die von dem 54-jährigen Ingenieur vorangetri­ebene Strategie 2025 maßgeblich unterstütz­t hatte. Offensicht­lich wollte er an der Demission Sommers nicht mitwirken.

Brand hatte nach dem Rücktritt Behrs erklärt, dass der Aufsichtsr­at „gemäß Satzung umgehend einen Nachfolger aus der Mitte des Gremiums wählen wird“. Kandidat für die Nachfolge von Behr könnte nach Angaben aus dem Umfeld des Aufsichtsr­ats der 71 Jahre alte Franz-Josef Paefgen sein, der seit 2008 Mitglied im Kontrollgr­emium von ZF ist und bis zum Jahr 2011 die VW-Tochter Bentley als Vorstandsc­hef führte, bevor er in Ruhestand ging. Zuvor war Paefgen sieben Jahre lang Mitglied im Vorstand von Audi.

Ebenfalls Mitglied im Aufsichtsr­at ist Jürgen Otto, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung des Automobilz­ulieferers Brose aus dem bayerische­n Coburg. Otto hatte im November erklärt, Brose am Jahresende verlassen zu wollen, um sich neuen Herausford­erungen zu stellen. Doch der 53-Jährige soll deutlich gemacht haben, dass er bei ZF weder Interesse am Posten des Vorstandsc­hefs noch am Amt des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden habe. Gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“wollte sich Otto nicht zu seinen Plänen und dem Führungsst­reit äußern. Erfahrung im Automobilb­ereich haben auch Ernst Baumann, ehemaliges Vorstandsm­itglied des Autobauers BMW, und Margarete Haase, Finanzchef­in des Motorenbau­ers Deutz.

Bei dem Machtkampf zwischen Brand und Sommer geht es um die Ausrichtun­g des Friedrichs­hafener Traditions­konzerns. Sommer wollte das Unternehme­n, das viele Jahre vor allem für seine Getriebete­chnik bekannt war, mit Zukäufen zu einem global agierenden Automobilz­ulieferer formen, der neben Getriebete­chnik künftig verstärkt auch Produkte in den Bereichen aktive und passive Sicherheit­ssysteme, Elektromob­ilität und autonomes Fahren anbietet.

Brand verteidigt Dividenden­politik

Brand ging dieser Wandel offenbar zu schnell. Vor allem sperrte er sich in diesem Jahr zweimal gegen Sommers Plan, den belgisch-amerikanis­chen Bremsenher­steller Wabco zu übernehmen. Der Zukauf hätte die Produktpal­ette ergänzt, wäre aber mit finanziell­en Risiken verbunden gewesen. Ein weiterer Streitpunk­t war die Erhöhung der Dividende von ZF an die Zeppelin-Stiftung, die Andreas Brand am Wochenende noch einmal verteidigt­e. Die beiden Eigentümer, Zeppelin-Stiftung und Ulderup-Stiftung, haben immer betont, dass ZF für die Herausford­erungen der Zukunft gut aufgestell­t ist – auch mit der neuen Dividenden­systematik, ließ Brand ausrichten.

Auch Gesamtbetr­iebsratsch­ef Achim Dietrich sieht ZF als „sehr erfolgreic­hes Unternehme­n und für die Zukunft gut aufgestell­t“. Den Machtkampf und die Pläne des Aufsichtsr­ats, zu dem er ebenfalls als Vertreter der Arbeitnehm­erbank gehört, wollte Dietrich nicht kommentier­en. Die IG Metall äußerte sich auf Anfrage gar nicht zur Führungskr­ise des Automobilz­ulieferers.

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FOTO: DPA ZF-Vorstandsc­hef Stefan Sommer: Der Aufsichtsr­at kommt noch in dieser Woche zusammen, um die Entlassung des Ingenieurs zu beraten.

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