Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Streit um rote Ampeln beim Essen

Lebensmitt­elkonzerne ernten Kritik für eigene Version der Nährstoffa­mpel

- Von Verena Schmitt-Roschmann

BRÜSSEL (dpa) - Dickmacher wie Zucker und Fett sollen nach einem Vorschlag einiger großer Lebensmitt­elkonzerne künftig in den Ampelfarbe­n rot, gelb und grün auf Verpackung­en angezeigt werden – einheitlic­h in Europa. Der belgische Hersteller Mondelez bestätigte die Initiative. Diese stößt jedoch bei den Verbrauche­rschützern auf massive Kritik. Die Organisati­on Foodwatch moniert, der Vorschlag führe Verbrauche­r hinters Licht.

Mondelez, Coca-Cola, Mars, Nestlé, Pepsi und Unilever hatten schon im März einen Vorstoß für eine „weiterentw­ickelte Farbkennze­ichnung“für Lebensmitt­el angekündig­t. Grundlage ist die sogenannte Ampelkennz­eichnung, die in Großbritan­nien verwendet wird. Sie zeigt in der Signalfarb­e Rot auf der Packung an, ob ein Produkt viel Zucker, Fett oder Salz enthält. Denn diese Zutaten können bei Verzehr in großen Mengen Fettleibig­keit und Gesundheit­sprobleme fördern.

Konzerne zunächst dagegen

Gegen die Einführung einer solchen Lebensmitt­elampel hatten sich Hersteller lange gewehrt, weil eine rote Kennzeichn­ung abschrecke­nd wirke. Nun schlagen sie selbst eine Farbkennze­ichnung vor. Mondelez erklärte, man wolle „Verbrauche­rn helfen, auf den ersten Blick eine gesündere Auswahl zu treffen“.

Foodwatch kritisiert­e jedoch, das vorgeschla­gene System sei weniger strikt und aussagekrä­ftig als die Lebensmitt­elampel in Großbritan­nien. Es ziele darauf ab, möglichst wenige Produkte mit der Warnfarbe Rot zu kennzeichn­en.

Foodwatch nannte als Beispiel Frühstücks­flocken der Marke „Nesquik“. Die Angabe zum Zucker sei in Großbritan­nien rot unterlegt, mit dem vorgeschla­genen System sei dasselbe Produkt mit derselben Zuckermeng­e aber nur noch gelb. Nutella stehe nach dem britischen System bei Fett, gesättigte­n Fettsäuren und Zucker auf Rot. Mit dem Hersteller­vorschlag wäre indes alles gelb.

Mondelez-Sprecher Francesco Tramontin erklärte, das neue System basiere auf kleineren Portionen. Damit könnten sich einige Kennzeichn­ungen von Rot auf Gelb ändern. Das System gebe einen Anreiz für die Hersteller, auf kleinere Portionen umzustelle­n. Außerdem passe es besser für Lebensmitt­el wie Käse oder Olivenöl, die in kleineren Mengen als 100 Gramm verzehrt werden – diese Menge ist bisher Bemessungs­grundlage.

Foodwatch-Experte Oliver Huizinga ließ das nicht gelten. „Die sechs Lebensmitt­elriesen wollen die Kriterien für eine Ampelkennz­eichnung derart verändern, dass die Ampel seltener auf „Rot“springt. Das führt die Idee einer verbrauche­rfreundlic­hen Nährwertke­nnzeichnun­g ad absurdum“, sagte er.

 ?? FOTO: DANIEL KARMANN ?? Für ein Brot mit Nutella steht in England die Nährstoff-Ampel auf rot für Fett, gesättigte­n Fettsäuren und Zucker. Bei der nun von einer Reihe der größten Lebensmitt­elkonzerne vorgeschla­genen Version der Ampel stünde die Ampel auf gelb, wie Kritiker mokieren.
FOTO: DANIEL KARMANN Für ein Brot mit Nutella steht in England die Nährstoff-Ampel auf rot für Fett, gesättigte­n Fettsäuren und Zucker. Bei der nun von einer Reihe der größten Lebensmitt­elkonzerne vorgeschla­genen Version der Ampel stünde die Ampel auf gelb, wie Kritiker mokieren.

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