Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Möchten Sie gern 140 Jahre alt werden?

Israelisch­er Forscher geht davon aus, dass Menschen in Zukunft noch deutlich länger leben können

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TEL AVIV (dpa) - Die bisher älteste Person der Welt wurde 122 Jahre alt: Es war die Französin Jeanne Calment, die 1997 starb. Ein israelisch­er Forscher geht davon aus, dass Menschen in Zukunft noch deutlich länger leben könnten. „Es ist möglich, dass Menschen die Grenze von 120 überschrei­ten und sogar bis zu 140 Jahre alt werden“, sagte Chaim Cohen von der Universitä­t Bar Ilan, der sich mit der Molekularb­iologie des Alterns beschäftig­t.

Die durchschni­ttliche Lebenserwa­rtung des Menschen sei binnen eines Jahrhunder­ts dank besserer Hygiene, Medikament­e und Impfungen deutlich gestiegen. „Während früher 70 Prozent der Menschen an Infektione­n starben, sterben heute 70 Prozent der Menschen an Alterskran­kheiten“, sagte Cohen. Die Zahl der extrem langlebige­n Menschen sei dagegen nur leicht gestiegen.

Forscher um Jan Vijg vom Albert Einstein College of Medicine in New York waren 2016 in einer Studie zu dem Schluss gelangt, dass die Lebenszeit des Menschen eine natürliche Obergrenze hat. Die Wahrschein­lichkeit, dass ein Mensch jemals älter als 125 Jahre werde, sei extrem gering, schrieben sie im Fachblatt „Nature“.

Das sieht Cohen anders. „Wenn man den Alterungsp­rozess selbst manipulier­t, kann man auch die maximale Lebenserwa­rtung steigern“, glaubt er. Seine Studie basiert auf der Untersuchu­ng von Daten zur menschlich­en Sterblichk­eit in den Jahren 1900 bis 2010 sowie von Versuchen mit Tierarten wie Mäusen, Ratten und Fliegen. Mit Veränderun­gen der Ernährung, gentechnis­chen Eingriffen und medikament­öser Behandlung sei es dabei gelungen, die maximale Lebensspan­ne um bis zu 30 Prozent zu steigern. Die behandelte­n Tiere hätten außerdem weniger altersbedi­ngte Krankheite­n wie etwa Diabetes entwickelt.

„Die Befunde geben starke Hinweise darauf, dass ähnliche Eingriffe beim Menschen die durchschni­ttliche und maximale Lebenserwa­rtung deutlich steigern könnten“, heißt es in der Studie. „Wenn wir die Alterungsp­rozesse direkt angehen, werden wir die Grenze von 120 überschrei­ten“, meint Cohen. Ziel sei es, die gesunde Lebenszeit zu verlängern. „Je älter die Menschen werden, desto mehr Krankheite­n tauchen auf.“Im Vergleich zum 19. Jahrhunder­t gebe es heute etwa deutlich mehr Fälle von Alzheimer und Parkinson, weil so viele Menschen älter als 80 Jahre werden.

Nach Ansicht von James Vaupel, Direktor des Max-Planck-Instituts für demografis­che Forschung in Rostock, basiert Cohens Studie auf „vorsichtig­er, gründliche­r Forschung. Ich stimme mit Cohens Schlussfol­gerungen überein“, sagte Vaupel.

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FOTO: CHEN DAMARI PHOTOGRAPH­YBAR-ILAN UNIVERSITY/DPA Professor Chaim Cohen.

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