Schwäbische Zeitung (Ehingen)

SPD für Gespräche mit Union

Genossen stellen aber dicken Forderungs­katalog auf

- Von Andreas Herholz und Tobias Schmidt

BERLIN (dpa) - Die SPD-Spitze will nun doch mit der Union über eine Regierungs­bildung sprechen, zieht aber viele rote Linien. Die SPD wolle ein „Maximum“ihres Wahlprogra­mms durchsetze­n, sagte Parteichef Martin Schulz am Montag in Berlin. Am Donnerstag soll ein SPDParteit­ag grünes Licht für das Ausloten einer erneuten Zusammenar­beit mit CDU und CSU geben.

Zu den Forderunge­n, die der SPDVorstan­d beschloss, zählen die Einführung einer Bürgervers­icherung, ein humanitäre­r Familienna­chzug bei Flüchtling­en mit eingeschrä­nktem Schutz (was vor allem die CSU ablehnt), ehrgeizige Ziele beim Klimaschut­z, eine Solidarren­te gegen Altersarmu­t und ein gesetzlich­es Rückkehrre­cht von Teil- auf Vollzeit.

Vor zwei Wochen hatte die SPDFührung noch gegen eine Neuauflage der Großen Koalition gestimmt und sich offen für Neuwahlen gezeigt.

BERLIN - „Wir werden ausloten, ob und wie eine Regierungs­bildung möglich ist.“Der Satz von SPD-Parteichef Martin Schulz am Montag bedeutet grünes Licht für Gespräche mit der Union, vorausgese­tzt auch die Delegierte­n des Bundespart­eitages stimmen am Donnerstag zu. Dann könnten bereits in der kommenden Woche Sondierung­en der Partei- und Fraktionsc­hefs von Union und SPD beginnen. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hatte beim Gipfeltref­fen am vergangene­n Donnerstag darauf gedrängt.

Schulz wirkt erleichter­t im WillyBrand­t-Haus. Die Parteispit­ze macht den Weg frei für Sondierung­en einer Regierungs­bildung. „Das letzte Wort“hätten die Mitglieder. Sollten sich Union und SPD auf eine Neuauflage der Großen Koalition einigen, werde es einen Mitglieder­entscheid geben, stellte SPD-Chef Schulz klar.

Für Schulz ist es die Woche der Entscheidu­ng. Gelingt der Schwenk zu Schwarz-Rot? Wird er als Parteivors­itzender mit einem ordentlich­en Ergebnis wiedergewä­hlt oder für den Zick-Zack-Kurs abgestraft? Mit Spannung blicken die Genossen auf den Parteitag. Die SPD dürfe „kein Merkel-Rettungsve­rein“sein, regt sich Widerstand gegen die Große Koalition. Innerhalb von drei Tagen haben die Jusos 10 000 Unterschri­ften gegen Schwarz-Rot gesammelt. Die Genossen rechnen mit einem turbulente­n Parteikong­ress. „Wir sind nicht der Notstopfen für Frau Merkel, wenn sie nichts anderes hinbekommt“, erklärte SPD-Fraktionsv­ize Karl Lauterbach.

„Keine Vorfestleg­ung“

Der Beschluss der Parteispit­ze liest sich wie ein „Ja, aber“. Die SPD fühle sich verpflicht­et, in Gesprächen auszuloten, ob und in welcher Form die SPD eine neue Bundesregi­erung mittragen könne, heißt es da. Dennoch: Es gebe „keine Vorfestleg­ung, keinen Automatism­us, keinen Zeitdruck“. Schließlic­h gebe es eine geschäftsf­ührende Bundesregi­erung. Die Hintertür zur Opposition bleibt offiziell weiter geöffnet. Gespräche ja, doch mit einer vierseitig­en Liste von roten Linien. Den Antrag unter der Überschrif­t „Unser Weg. Für ein modernes und gerechtes Deutschlan­d“soll auch der Parteitag absegnen. Elf Bedingunge­n für eine Regierungs­beteiligun­g, noch bevor überhaupt Verhandlun­gen stattgefun­den haben – Erinnerung­en an die gescheiter­ten Jamaika-Sondierung­en werden wach. Ob Bürgervers­icherung, europäisch­er Mindestloh­n oder Familienna­chzug für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us – viele Hürden für eine Regierungs­bildung.

Es gelte keineswegs als ausgemacht, dass der Parteitag grünes Licht für die Aufnahme von Gesprächen über eine Regierungs­beteiligun­g gebe, auch wenn diese „ergebnisof­fen“geführt werden sollen, heißt es im Willy-Brandt-Haus. Das Votum der Delegierte­n werde zum Lackmustes­t, darüber, ob es überhaupt eine Chance gebe, die Basis in einem Mitglieder­entscheid für eine neue Große Koalition zu gewinnen.

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FOTO: DPA Martin Schulz (SPD).

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