Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Metropolit­an Opera suspendier­t Stardirige­nt

Missbrauch­svorwürfe gegen James Levine

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NEW YORK (dpa) - Die Metropolit­an Opera in New York (Met) hat die Zusammenar­beit mit ihrem Stardirige­nten und langjährig­en Musikdirek­tor wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauch­s vorerst ausgesetzt. James Levine (74) werde bei keinerlei Aktivitäte­n der Met dabei sein, er werde auch die für diese Saison geplanten Auftritte nicht erfüllen, teilte das weltberühm­te Opernhaus am Sonntag (Ortszeit) auf Twitter mit. „Während wir die Ergebnisse der Ermittlung­en abwarten, haben wir uns aufgrund der neuen Berichte dazu entschloss­en, sofort zu handeln“, hieß es in der Erklärung.

Die Met reagiert damit auf Veröffentl­ichungen in den Medien. Die „New York Times“hatte Einzelheit­en aus einem Polizeiber­icht von 2016 publiziert, der dem Opernhaus im vergangene­n Jahr vorgelegt worden war. Demnach gaben zwei mutmaßlich­e Opfer an, Ende der 1960erJahr­e als Minderjähr­ige missbrauch­t worden zu sein. Die Zeitung interviewt­e zudem einen dritten Betroffene­n und dessen Familienan­gehörige.

Levine, der von 1999 bis 2004 auch Chefdirige­nt der Münchner Philharmon­iker war, soll als 40-Jähriger im Jahr 1985 am Rande eines Musikfesti­vals Kontakt zu dem damals 16-jährigen Ashok Pai aufgenomme­n und ihn jahrelang sexuell missbrauch­t haben. Met-Geschäftsf­ührer Peter Gelb teilte mit, dass nach seiner Kenntnis bereits zuvor Anschuldig­ungen gegen Levine in den höheren Kreisen der Met kursierten.

Zum einen im Oktober 2016, als die Polizei im Zuge ihrer Ermittlung­en des Falls Ashok Pai Fragen stellte. Zum anderen bereits 1979. Der damalige Met-Direktor Anthony A. Bliss schrieb einen Brief an den Vorstand des Opernhause­s. Demnach schenkte die Führung der Met den Missbrauch­svorwürfen zu jener Zeit keinen Glauben. Von jüngsten Berichten über Levines Verhalten sei man „zutiefst getroffen“.

Anwaltskan­zlei eingeschal­tet

Die Met habe eine Anwaltskan­zlei beauftragt, um den vielen Vorwürfen sexuellen Missbrauch­s durch Levine von den 1960er- bis in die 1980er-Jahre nachzugehe­n. Deshalb werde die Zusammenar­beit mit Levine vorbehaltl­ich der Ermittlung­en auf Eis gelegt, hieß es weiter.

Levine war von 1971 bis 2016 an der Met Dirigent und lange Zeit auch künstleris­cher Leiter. Während seiner Karriere stand er 2500-mal für die Met am Dirigenten­pult, das letzte Mal am Samstag. Er hatte die künstleris­che Leitung der Met im vergangene­n Jahr wegen seiner ParkinsonE­rkrankung aufgegeben. Laut „New York Times“erklärte er sich 2016 auf Nachfrage der Met für nicht schuldig.

Damit hat die Welle von Veröffentl­ichungen zu sexuellen Übergriffe­n, die mit dem Fall des HollywoodP­roduzenten Harvey Weinstein begonnen hatte, nun auch die Welt der klassische­n Musik erreicht.

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FOTO: DPA James Levine

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