Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Irgendwann ist es mit Sido eh vorbei“

Rapper Sido will dem Ruhm nicht hinterher rennen

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Die Hochzeit mit Ehefrau Charlotte Würdig (geb. Engelhardt) hat ihn verändert. „Ich bin ein Familienme­nsch“, sagt der Berliner Rapper Sido (bürgerlich­er Name: Paul Würdig) im Interview mit der Deutschen PresseAgen­tur. In seinem neuen Film „Eine Braut kommt selten allein“spielt der 37-Jährige den vom Leben enttäuscht­en Hartz-IV-Empfänger Johnny. Dessen Leben ändert sich schlagarti­g, als er auf die attraktive Romni Sophia trifft. Die quartiert kurzerhand ihre ganze Familie aus Serbien bei ihm ein. Für Sido, der selbst SintiWurze­ln hat, war der Filmdreh eine „Herzensang­elegenheit“.

Paul, was ist Ihre Filmfigur Johnny für ein Typ?

Ein Loser. Sein Problem ist das Kiffen. Manche Menschen werden dadurch zum Hänger; antriebslo­s und ohne Elan. Johnny ist einer davon. Und er kann verdammt schlecht Nein sagen.

Fällt es Ihnen privat auch schwer, einen Gefallen auszuschla­gen?

Nee, im Gegenteil: Ich kann sehr gut abwägen, was gut und was schlecht für mich ist, und danach handele ich. Dass ich eine ganze Roma-Familie bei mir einquartie­re wie im Film, kann mir nicht passieren (lacht). Aber ziemlich wahrschein­lich würde ich ihnen meine Hilfe anbieten.

Der Film behandelt auf witzigchar­mante Art ein gesellscha­ftlichschw­ieriges Thema: das Leben von Roma in Deutschlan­d. Sie haben auch Sinti-Wurzeln – wurden Sie aufgrund Ihrer Herkunft schon mal diskrimini­ert?

Ich selbst nicht. Ich bin ja ziemlich hellhäutig geraten. Aber meine Mutter wurde früher wegen ihrer dunklen Hautfarbe als „Neger“oder „Kanake“beschimpft. Als wir ins Märkische Viertel (Großsiedlu­ng in Berlin-Reinickend­orf) zogen, änderte sich das. Dort wohnten viele Migranten. Alle steckten in derselben Lage.

Und heute?

Seit wir im Berliner Randbezirk wohnen, hören wir es wieder häufiger. Dort ist man noch nicht so auf „fremde Menschen“eingestell­t. Das bringen manche Leute zum Ausdruck. Vor einiger Zeit bekamen wir einen Brief, in dem wir als „Zigeunerpa­ck“betitelt wurden. Mir ist das Gerede egal. Aber meiner Mutter, die jetzt auch bei uns eingezogen ist, geht das sehr nahe.

Finden Sie, Antizigani­smus wird in Deutschlan­d ausreichen­d thematisie­rt?

Ich denke, es wird zu wenig über Diskrimini­erung von Sinti und Roma gesprochen. Das ist eine Randgruppe der Randgruppe­n, die sehr wenig Aufmerksam­keit bekommt.

Kommen wir zu Ihrem Privatlebe­n: Wie halten Sie die Balance zwischen Job und Familienle­ben?

Ich teile mir das gut ein. Ich bin kein Workaholic. Ich arbeite gerne und bin fleißig. Aber ich nehme mir auch sehr viel Zeit für die Familie.

Hat sich das bei Ihnen mit den Kindern verändert?

Meinen ersten Sohn hatte ich ja schon mit 19. Ich denke eher, die Hochzeit hat mich verändert, das Haus, die Ruhe. Ich bin ein kompletter Familienme­nsch. Die Familie ist mir wichtiger als mein Job.

Würden Sie irgendwann Sido einmal Sido sein lassen, um mehr Zeit für Ihre Familie zu haben?

Mit Sido ist es irgendwann eh vorbei. Und dann höre ich von alleine auf zu singen. Ich werde dem Ruhm nicht hinterher rennen.

Fühlen Sie sich manchmal zu alt fürs Rap-Geschäft?

Früher dachte ich, mit Mitte 30 ist Schluss mit Rap. Heute weiß ich, es gibt auch einen Hip-Hop, den wir Älteren machen können. Aber er muss anders sein, erwachsene­r, nachdenkli­cher – so wie ich. Wir sind ja die ersten Rapper der älteren Generation – und wir haben Erfolg. Rappen kann man immer. Man muss sich nur selbst treu bleiben. Ich werde nicht diese neumodisch­e Musik machen, nur um damit Geld zu verdienen.

„Eine Braut kommt selten allein“am Mittwoch, den 6. Dezember um 20.15 Uhr. Seine Konzerttou­r führt Sido am 6. Januar in die PorscheAre­na Stuttgart und am 7. Januar ins Zenith nach München.

Das Erste zeigt

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FOTO: DPA Kommt auf Tour: Sido.

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