Theater Lindenhof bittet zur Winterreise
Premiere ist am 8. Dezember in Melchingen – Zuschauer werden zu vier Stationen geführt
MELCHINGEN (sz) - Der Theaterspaziergang, bei dem sich die Zuschauer durch die Winterlandschaft der Schwäbischen Alb bewegen, wurde erstmals vor 20 Jahren aufgeführt. Jetzt nimmt das Theater Lindenhof das Stück von Peter Härtling in einer Zeit, in der Fluchtbewegungen die Weltpolitik bestimmen, wieder auf und erzählt es neu. Premiere feiert die Winterreise am 8. Dezember um 15 Uhr in Melchingen (Zollernalbkreis).
Im Zentrum der Melchinger Winterreise steht der Liederzyklus des Komponisten Franz Schubert. Leitmotiv der Lieder ist der Wanderer, der enttäuscht von der Liebe, ohne Ziel und Hoffnung, durch die Winternacht zieht. Schubert selbst war ein Getriebener, der nie Ruhe fand. Peter Härtling, der als Flüchtlingskind nach Nürtingen kam, erkannte sich in der Musik und in den Texten wieder. Für ihn war der Wanderer der Winterreise ein Sinnbild für Heimatlosigkeit. Für das Theater Lindenhof schrieb er die Melchinger Winterreise, die 1997 unter der Regie von Christoph Biermeier uraufgeführt wurde. Nun wird der Theaterspaziergang, der die Zuschauer selbst zu Wanderern in der Winterlandschaft der Schwäbischen Alb macht, nach 20 Jahren wieder aufgenommen. Der Regisseur Christoph Biermeier verspricht den Besuchern eine Reise in die Vergangenheit, aber auch eine Konfrontation mit den Themen Vertreibung und Flucht heute. So treffen in der neuen Winterreise Fluchterfahrungen dreier Zeiten aufeinander. Schuberts Gefühl von Heimatlosigkeit im 19. Jahrhundert, das von Härtling Mitte des 20. Jahrhunderts und Fluchterfahrungen von Asylsuchenden heute.
Regisseur Christoph Biermeier sieht Theater als ein gutes Medium an, um gesellschaftliche Fragestellungen anzugehen und zu verhandeln: „Wenn man Geschichten hört, wie die unserer Mitspieler, dann kann man nicht einfach sagen, ‚Das Boot ist voll‘. Dann muss man fragen: Wie kann man im Fremdsein und Unbehaustsein seinen eigenen Weg finden und zwar einen Weg voller Zuversicht? Wie kann das Zusammenleben mit den Menschen, die zu uns kommen, gelingen?“
Fast alle Schauspieler der ersten Version sind wieder mit dabei. Der Gastschauspieler Rahul Chakraborty, der halb Inder und halb Deutscher ist, ist der Schubert von heute. Ebenso mit von der Partie sind drei Asylsuchende aus Trochtelfingen. Gleich geblieben ist die Musik, die Susanne Hinkelbein arrangiert hat.
Der dreistündige Theaterspaziergang führt die Zuschauer in drei Gruppen zu vier Stationen, in den Theatersaal, in das Theaterfoyer, in die Theaterscheune und auf den Himmelberg. Und dort wird der Engel der Geschichte seine Flügel ausbreiten – verkörpert vom Intendanten Stefan Hallmayer. In verschneiter Winterlandschaft, wie es im Moment aussieht.
Die Melchinger Winterreise findet von 8. Dezember bis 11. Februar statt. Der Theaterspaziergang beginnt jeweils um 15 Uhr. Auf den Melchinger Himmelberg gelangen die Zuschauer per Bustransfer.
Karten gibt es über das Theater Lindenhof, Telefonnummer 07126/ 92 93 94 oder im Internet auf