Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Millionen-Schaden an der Erhard-Brücke

Sanierung dringend erforderli­ch - Hauptverke­hrsader betroffen - Beton bröselt

- Von Thomas Heckmann

ULM - Die Ludwig-Erhard-Brücke in Ulm, die die Innenstadt unter anderem mit dem Fachmarktz­entrum (Ikea) an der Blaubeurer Straße verbindet, braucht dringend eine Sanierung für über eine Million Euro. Bei den regelmäßig­en Brückenprü­fungen sind den Spezialist­en der Stadt Ulm Unregelmäß­igkeiten an der Brüstung aufgefalle­n, die beseitigt werden müssen. Unklar ist, wann die Arbeiten beginnen. Derzeit behindern viele Baustellen den Verkehr in diesem Teil Ulms, so dass eine weitere Baustelle ungelegen käme.

Ortstermin am Donnerstag­mittag an der Südseite der großen Brücke, die sich vom Blaubeurer Tor über die Bahngleise in Richtung Innenstadt spannt. Die Ingenieure Gerhard Fraidel und Karlheinz Schüle haben einen großen Mobilkran bestellt und ein Unternehme­n, das mit einer riesigen Säge Beton zersägen kann. Ein Stück der Betonbrüst­ung muss herausgesä­gt werden, damit Gewissheit herrscht, welche Schäden an der Brücke vorhanden sind.

Beim Bau der knapp 300 Meter langen Brücke war 1989 entschiede­n worden, für die Brüstung Betonferti­gteile zu verwenden. Die knapp vier Meter langen und rund fünf Tonnen schweren Teile wurden dazu quasi über die Ränder der Brückenfah­rbahn gestülpt und mit Moniereise­n sowie durch Verguss mit Beton befestigt.

Bei einer Überprüfun­g fallen dann Risse am Übergang vom Gehweg zum Brüstungsb­eton auf. Sicherheit­sbewusst wollen die Ingenieure wissen, wie tief die Risse gehen und ob dort mit Streusalz vermischte­s Wasser eindringen kann. An mehreren Stellen werden die Schlitze aufgemeiße­lt.

An einer Stelle rutscht der Meißel in einen Hohlraum. Fingerdick­e Spalte lassen Wasser ungehinder­t eindringen. Mehrere Eisenstäbe im Beton weisen Einkerbung­en durch Chloridfra­ß auf. Dann fällt die schnelle Entscheidu­ng, dass man nun Gewissheit braucht: Was ist mit der Brücke los?

Nach gut einer Stunde Sägearbeit wird ein Brüstungse­lement auf den Boden darunter herabgelas­sen. Es zeigt sich das befürchtet­e Bild. Beim Bau der Brücke wurde offenbar der Hohlraum nicht auf einmal mit Beton verfüllt. Eine Kante zeigt deutlich, dass in zwei Vorgängen betoniert wurde. Dabei wurden auch noch unterschie­dliche Betonquali­täten verwendet. Am Übergang bilden sich Spalte, in die Wasser eindringen kann und durch die Ausdehnung beim Gefrieren zerstörend­e Kräfte entwickeln kann.

Im schlimmste­n Fall können sich Betonteile lösen

Insgesamt stufen von der Stadt beauftragt­e Prüfingeni­eure die Brüstung auf mindestens 180 Metern Länge als sanierungs­bedürftig ein. Wenn hier nicht in den nächsten Monaten gehandelt wird, kann sich im ungünstigs­ten Fall ein Betonteil lösen und auf die 15 Meter tiefer liegende Bahnstreck­e stürzen.

Eigenartig: Es gibt die Schäden nur auf der Südseite, nicht auf der Nordseite.

Wie die Brüstungst­eile in den nächsten Monaten abgenommen werden, muss nun ermittelt werden. Denn nicht überall kann man mit einem Kran von unten arbeiten. Auch sind einige Gleise mit einer 15 000 Volt führenden Oberleitun­g überspannt. Diese muss für die Arbeiten abgeschalt­et werden, daher muss auch das Vorgehen mit der Bahn abgestimmt werden.

Wenn die Brüstung fehlt, muss ein neuer Absturzsch­utz montiert werden. Eine erste Idee der Ulmer Ingenieure ist ein Baukastens­ystem aus dem Gerüstbau, das zwei Meter hoch Fußgänger und Radfahrer schützen soll. Aber auch hier wird wegen der Oberleitun­g eine Genehmigun­g der Bahn benötigt. Daher wird nun testweise ein Stück montiert, damit die Bahn-Mitarbeite­r es begutachte­n können.

Normalerwe­ise wird die Haltbarkei­t einer solchen Straßenbrü­cke auf 80 Jahre ausgelegt, eine Vollsanier­ung ist nach 40 Jahren fällig. Die vorzeitige­n Arbeiten werden nach einer ersten Schätzung auf rund 1,5 Millionen Euro veranschla­gt. Wie schnell die Arbeiten abgewickel­t können, ist Fraidel noch unklar: „Wir müssen mit dem vorhandene­n Personal auskommen.“

Marode Brücken im ganzen Stadtgebie­t

Auch andere Brücken benötigen Sanierungs­arbeiten, die Wallstraße­nbrücke wurde erst diese Woche in Nachtarbei­t von unten untersucht. Die Brücke über die Harthauser Straße ist gerade an ihren Dehnfugen in Arbeit und die Neubauplan­ungen für die Adenauerbr­ücke kommen auch noch auf die Stadt zu.

 ?? FOTO: THOMAS HECKMANN ?? Untersuchu­ng an der Ludwig-Erhard-Brücke: Der Beton der Brüstung bröselt.
FOTO: THOMAS HECKMANN Untersuchu­ng an der Ludwig-Erhard-Brücke: Der Beton der Brüstung bröselt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany