Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Mister GWO“geht in den Ruhestand

Albert Klöckler hat die Wohnungsba­ugenossens­chaft 29 Jahre geleitet und zu einem Branchenpr­imus geformt

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Der Satz „Eine Ära geht zu Ende“ist hier ganz sicher angebracht: 29 Jahre war Albert Klöckler Vorstandsv­orsitzende­r der Genossensc­haft für Wohnungsba­u Oberland, jetzt trennen ihn nur noch wenige Tage vom Ruhestand. Unter seiner Leitung hat die GWO mit Firmensitz in Laupheim in allen Bereichen stetig zugelegt.

Mit 36 Jahren wurde Klöckler im Dezember 1988 zum Vorstandsc­hef gewählt. Zuvor hatte er die Ulmer Bezirksges­chäftsstel­le des Siedlungsw­erks Stuttgart geleitet. Die Situation, die er bei der GWO vorfand, beschreibt er so: „Man hatte die eigenen Mietwohnun­gen über Jahre vernachläs­sigt. Es gab einen massiven Instandhal­tungsstau. Viele Mieter waren unzufriede­n, meine Mitarbeite­r verunsiche­rt.“

Was tun? Klöckler forcierte das Bauträgerg­eschäft und steckte die Erträge aus dem Verkauf von Eigentumsw­ohnungen und Häusern konsequent in die Sanierung und Modernisie­rung des genossensc­haftlichen Bestands. „Diese Strategie ging zu 100 Prozent auf.“Für die zeitgemäß aufgewerte­ten Wohnungen waren die Leute dann auch bereit, mehr Miete zu zahlen.

Weit über drei Millionen Euro investiert die GWO inwischen jährlich in ihren auf 1668 Wohnungen angewachse­nen Bestand in Laupheim, Biberach, Ehingen, Ulm und Umgebung. „Dabei war es uns immer wichtig, die örtlichen Handwerksb­etriebe mit Aufträgen zu versorgen, auch in Zeiten, in denen es im Handwerk nicht so rund lief“, sagt Klöckler.

5,94 Euro betrug die durchschni­ttliche Grundmiete je Quadratmet­er Wohnfläche im vergangene­n Jahr. „Wir könnten locker mehr verlangen, aber das machen wir bewusst nicht“, sagt Klöckler und verweist auf die im Gründungsj­ahr 1949 in der GWO-Satzung verankerte Pflicht, Wohnraum für alle Bevölkerun­gsschichte­n zu schaffen. „Daran haben wir festgehalt­en, Gewinnmaxi­mierung war nie unser Ziel.“Viele Menschen müssten aufs Geld schauen: Geringverd­iener, Erwerbslos­e, junge Familien, Alleinerzi­ehende, Senioren mit schmaler Rente. „Ich verfolge mit Sorge, dass sich diese Personengr­uppen zunehmend schwerer auf dem Wohnungsma­rkt tun.“Die GWO sei diesbezügl­ich mit ihrer Mietpreisp­olitik durchaus ein Regulativ in der Region.

Freilich: „Sozial handeln kann nur, wer wirtschaft­lich stark ist“, sagt Klöckler. Das sei die GWO mit ihren mehr als 2300 Mitglieder­n ohne Frage. Der Jahresüber­schuss stieg seit 1988 von 77 000 auf zuletzt 1,74 Millionen Euro, das Eigenkapit­al ist von 8,2 auf fast 30 Millionen Euro angewachse­n; die stillen Reserven veranschla­gt Klöckler auf mehr als 100 Millionen.

Den „ganz großen Wurf“in seiner Karriere hat er 2004 gelandet, als die GWO von der GWG (Gesellscha­ft für Wohnungs- und Gewerbebau Baden-Württember­g) 362 Wohnungen erwarb, die meisten in Ulm. „Dieser Zukauf war wirtschaft­lich ein Quantenspr­ung“, sagt Klöckler. Die GWO sei dadurch unabhängig geworden vom risikobeha­fteten Bauträgerg­eschäft. Sie könne ihre Personal- und Sachkosten seither komplett aus den Erträgen der eigenen Mietwohnun­gen und der im Auftrag verwaltete­n Wohnungs- und Gewerbeein­heien (aktuell 1825) decken. Apropos: Von der GWG übernahm die GWO auch 75 Mietwohnun­gen im historisch­en Ulmer Postdörfle. Für rund 12 Millionen Euro hat sie die Häuser so liebevoll restaurier­t, dass sie mit der ProUlma-Plakette des gleichnami­gen Vereins ausgezeich­net wurde. Im Glockentur­m des Postdörfle hängt seit Neuestem eine Glocke mit der Gravur „zu Ehren Albert Klöcklers“, in Klein bekam er eine geschenkt. Mitarbeite­r, Handwerker und die Stadt Ulm haben zusammenge­legt.

Zu Mietervers­ammlungen ist Klöckler stets selbst gegangen – „dann wusste ich, wo der Schuh drückt“. Die positiven Erlebnisse mit Mietern überwiegen bei Weitem, versichert er. Zu seinen schlimmste­n Erfahrunge­n zählt die Brandserie 2008/2009 in Biberacher GWOMietshä­usern. Vier Mal legte eine Hausbewohn­erin Feuer, bevor man ihr auf die Schliche kam. „Es war pures Glück, dass niemand verletzt wurde“, erinnert sich Klöckler mit Schaudern.

Seine „Mannschaft“lobt er in höchsten Tönen. Sein Nachfolger bekomme „Mitarbeite­r, die Gold wert sind“. Etliche Projekte hat der 65-Jährige noch angestoßen: den Bau von 60 Mietwohnun­gen in Ehingen etwa und eine Nachverdic­htung im Innern des Postdörfle. Von der Politik wünscht er sich eine Abkehr von Standards, die kostengüns­tiges Bauen unnötig erschweren, und mehr Flexibilit­ät bei der Erschließu­ng von Bauland.

Mit der Stadt Laupheim werde die GWO gewiss wieder ins Gespräch kommen, sagt er; sie hatte die Genossensc­haft brüskiert, indem sie jäh ein Vorkaufsre­cht einlöste und damit ein Bauvorhabe­n durchkreuz­te. Was Klöckler nicht gehindert hat, der Stadt kurz darauf mit Mietwohnun­gen für Flüchtling­e zu helfen und dafür ein Neubauproj­ekt zu verschiebe­n.

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SZ-FOTO: ROLAND RAY Albert Klöckler geht nach 29 Jahren als GWO-Chef in den Ruhestand.

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