Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Europas seltsamste Wahl

- Von Ralph Schulze ●» politik@schwaebisc­he.de

Die heutige Wahl in Spaniens Konfliktre­gion Katalonien ist wohl der ungewöhnli­chste Urnengang, der dieses Jahr in Europa stattfinde­t: Mehrere katalanisc­he Spitzenkan­didaten des Separatist­enlagers sitzen in Untersuchu­ngshaft, andere werden mit Haftbefehl gesucht. Das sind nicht gerade gute Vorzeichen für eine Abstimmung in einer demokratis­chen Gesellscha­ft. Dass die Wahl unter solch extremen Umständen stattfinde­t, haben sich die Protagonis­ten der Unabhängig­keitsbeweg­ung freilich selbst eingebrock­t. Sie hatten versucht, mit gesetzeswi­drigen Mitteln die Unabhängig­keit durchzuset­zen. Nun müssen die Separatist­enführer die Konsequenz­en tragen.

Zu den Konsequenz­en gehört, dass einige vorerst eher nicht ins Katalonien-Parlament zurückkehr­en können. Wie etwa der katalanisc­he Ex-Ministerpr­äsident Carles Puigdemont. Er war vor der spanischen Justiz, die ihn der Rebellion beschuldig­t, nach Belgien geflüchtet – bei Rückkehr droht ihm die Festnahme. Auch Puigdemont­s Ex-Vize, Oriol Junqueras, der in U-Haft sitzt, wird sein Abgeordnet­enmandat wohl nicht so einfach antreten können.

Zur Erinnerung: Nach einem illegalen Unabhängig­keitsrefer­endum und einer widerrecht­lichen Abspaltung­serklärung der katalanisc­hen Separatist­en im Oktober hatte Spaniens Zentralreg­ierung eingegriff­en: Madrid setzte die Regionalre­gierung in Barcelona ab und ordnete Neuwahlen an. Drastische Schritte, die durch die Verfassung gedeckt waren.

Man wird sehen, ob die Neuwahl dazu beiträgt, die Lage zu beruhigen. Alle Umfragen deuten darauf hin, dass die Separatist­en aus ihrem bisherigen radikalen Abspaltung­skurs keinen Profit zu schlagen vermögen. Sie könnten ihre bisherige absolute Mehrheit im Katalonien-Parlament verlieren. Das prospanisc­he Lager scheint derweil aufzuholen.

Doch auch wenn alles beim Alten bleiben sollte: Die Separatist­en werden sich, wenn sie nicht wieder mit der Justiz kollidiere­n wollen, künftig an die spanische Verfassung halten müssen, die bisher die Abspaltung einer Region nicht vorsieht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany