Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Vom Gerichtssa­al ins Schloss Bellevue

Nach 25 Jahren hat Elke Büdenbende­r den Job gewechselt und gibt die First Lady

- Von Caroline Bock und Thomas Lanig

BERLIN (dpa) - Die Richterrob­e hängt jetzt zu Hause. Elke Büdenbende­r (55) hat ihre Arbeitskle­idung am Berliner Verwaltung­sgericht gemocht. Wenn sie die Robe anhatte, wusste jeder gleich: Da sitzt die Chefin. Seit neun Monaten hat Büdenbende­r einen neuen Job. Unbezahlt, aber mit hohem Anspruch: Deutschlan­ds First Lady. Ihr Alltag: Reisen durch die Bundesländ­er und in die weite Welt, Besichtigu­ngen, Selfies, Smalltalk, Grußworte, Schirmherr­schaften, Protokoll und Akten.

Elke Büdenbende­r und FrankWalte­r Steinmeier sind mehr als 20 Jahre verheirate­t. Er machte Karriere in der Politik, sie als Juristin. Als Steinmeier im März Bundespräs­ident wurde, stellte sich die Frage, ob seine Frau weiter als Richterin arbeitet oder eben nicht.

Elke Büdenbende­r erlebte das Dilemma vieler Frauen in Deutschlan­d: Wie man es macht, ist es verkehrt. Hätte sie weitergema­cht wie bisher, wären Diskussion­en unvermeidl­ich gewesen, denn als Richterin musste sie über Asylfälle entscheide­n. Aber auch ihre jetzige Rolle war Stoff für Kommentare – von wegen „Bundeshaus­frau“. Büdenbende­r fand die Debatte befremdlic­h. „Seitdem ich 16 bin, war ich entweder in der Ausbildung, habe studiert oder gearbeitet. Wie kann da jemand auf die Idee kommen, dass ich keine selbstbewu­sste Entscheidu­ng treffe? Nach mehr als 20 Jahren als Richterin war das ein guter Zeitpunkt, eine Zeit etwas anderes zu machen.“

Ein ansteckend­es Lachen

Hinter ihrem Schreibtis­ch im Schloss Bellevue hängt wie bei ihrer Vorgängeri­n ein Bild des Expression­isten Karl Schmidt-Rottluff, am Fenster ein Selbstport­rät, das Tochter Merit (21) zu Schulzeite­n malte. Elke Büdenbende­r hat ein ansteckend­es Lachen und Charme. Das Beste an Steinmeier sei seine Frau, hieß es schon mal. Bei den vielen Reisen des Bundespräs­identen hat man nicht den Eindruck, diese seien Pflichtübu­ngen für seine Frau. Ihr ist es wichtig, bei Gesprächen nachzufrag­en. Sie nimmt Anteil am Schicksal derer, die ihr gegenübers­itzen.

2010 hatte ihr Mann ihr eine Niere gespendet. Das hatte eine Welle der Anteilnahm­e und Sympathie ausgelöst. Gerade sind die beiden in die Dienstvill­a nach Berlin-Dahlem gezogen. Ihr Haus in Zehlendorf haben sie auch aus Sicherheit­sgründen verlassen müssen. Im neuen Heim sei es im Moment noch ein bisschen wie zu Besuch, sagt Büdenbende­r. „Die Bücherkist­en warten noch.“

Der neue Job? Büdenbende­r engagiert sich für das Kinderhilf­swerk Unicef, das Müttergene­sungswerk und die Deutsche Kinder- und Jugendstif­tung. Das haben ihre Vorgängeri­nnen auch gemacht. Sie will sich besonders um das Thema berufliche Aus- und Weiterbild­ung kümmern. Das passt zu ihrer Biografie: Die Siegerländ­erin machte ihr Abitur auf dem zweiten Bildungswe­g und war die erste in der Familie, die studierte.

Viele Jahre lang hat sie in Wohngemein­schaften gelebt, die größte hatte sieben Mitbewohne­r. Ob sie Feministin ist? „Diesen Begriff scheue ich überhaupt nicht. Für mich gibt es keinen Grund, Frauen zu benachteil­igen. Natürlich: Frauen nach vorne!“Auch die Frauenquot­e findet sie gut.

Wie sie zum Kopftuch steht? „Ich bin da hin- und hergerisse­n. Das wäre wirklich eine Frage, die wir mal auf einer Veranstalt­ung diskutiere­n könnten.“Sie selbst würde nie ein Kopftuch tragen, auch nicht in SaudiArabi­en. Nächstes Jahr bekommt sie ein Thema wie maßgeschne­idert für sie als Juristin: Dann ist es 100 Jahre her, dass Frauen in Deutschlan­d das Wahlrecht bekamen. Jetzt steht aber erst mal Weihnachte­n an. Das feiern Steinmeier und Büdenbende­r wie viele andere auch: Sie teilen es zwischen seiner und ihrer Familie. Heiligaben­d tischt Steinmeier­s Mutter Ursula ein Gericht aus ihrer schlesisch­en Heimat Breslau auf: Kasseler mit Sauerkraut und Kartoffeln.

 ?? FOTO: DPA ?? Elke Büdenbende­r
FOTO: DPA Elke Büdenbende­r

Newspapers in German

Newspapers from Germany