Vom Gerichtssaal ins Schloss Bellevue
Nach 25 Jahren hat Elke Büdenbender den Job gewechselt und gibt die First Lady
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BERLIN (dpa) - Die Richterrobe hängt jetzt zu Hause. Elke Büdenbender (55) hat ihre Arbeitskleidung am Berliner Verwaltungsgericht gemocht. Wenn sie die Robe anhatte, wusste jeder gleich: Da sitzt die Chefin. Seit neun Monaten hat Büdenbender einen neuen Job. Unbezahlt, aber mit hohem Anspruch: Deutschlands First Lady. Ihr Alltag: Reisen durch die Bundesländer und in die weite Welt, Besichtigungen, Selfies, Smalltalk, Grußworte, Schirmherrschaften, Protokoll und Akten.
Elke Büdenbender und FrankWalter Steinmeier sind mehr als 20 Jahre verheiratet. Er machte Karriere in der Politik, sie als Juristin. Als Steinmeier im März Bundespräsident wurde, stellte sich die Frage, ob seine Frau weiter als Richterin arbeitet oder eben nicht.
Elke Büdenbender erlebte das Dilemma vieler Frauen in Deutschland: Wie man es macht, ist es verkehrt. Hätte sie weitergemacht wie bisher, wären Diskussionen unvermeidlich gewesen, denn als Richterin musste sie über Asylfälle entscheiden. Aber auch ihre jetzige Rolle war Stoff für Kommentare – von wegen „Bundeshausfrau“. Büdenbender fand die Debatte befremdlich. „Seitdem ich 16 bin, war ich entweder in der Ausbildung, habe studiert oder gearbeitet. Wie kann da jemand auf die Idee kommen, dass ich keine selbstbewusste Entscheidung treffe? Nach mehr als 20 Jahren als Richterin war das ein guter Zeitpunkt, eine Zeit etwas anderes zu machen.“
Ein ansteckendes Lachen
Hinter ihrem Schreibtisch im Schloss Bellevue hängt wie bei ihrer Vorgängerin ein Bild des Expressionisten Karl Schmidt-Rottluff, am Fenster ein Selbstporträt, das Tochter Merit (21) zu Schulzeiten malte. Elke Büdenbender hat ein ansteckendes Lachen und Charme. Das Beste an Steinmeier sei seine Frau, hieß es schon mal. Bei den vielen Reisen des Bundespräsidenten hat man nicht den Eindruck, diese seien Pflichtübungen für seine Frau. Ihr ist es wichtig, bei Gesprächen nachzufragen. Sie nimmt Anteil am Schicksal derer, die ihr gegenübersitzen.
2010 hatte ihr Mann ihr eine Niere gespendet. Das hatte eine Welle der Anteilnahme und Sympathie ausgelöst. Gerade sind die beiden in die Dienstvilla nach Berlin-Dahlem gezogen. Ihr Haus in Zehlendorf haben sie auch aus Sicherheitsgründen verlassen müssen. Im neuen Heim sei es im Moment noch ein bisschen wie zu Besuch, sagt Büdenbender. „Die Bücherkisten warten noch.“
Der neue Job? Büdenbender engagiert sich für das Kinderhilfswerk Unicef, das Müttergenesungswerk und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung. Das haben ihre Vorgängerinnen auch gemacht. Sie will sich besonders um das Thema berufliche Aus- und Weiterbildung kümmern. Das passt zu ihrer Biografie: Die Siegerländerin machte ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg und war die erste in der Familie, die studierte.
Viele Jahre lang hat sie in Wohngemeinschaften gelebt, die größte hatte sieben Mitbewohner. Ob sie Feministin ist? „Diesen Begriff scheue ich überhaupt nicht. Für mich gibt es keinen Grund, Frauen zu benachteiligen. Natürlich: Frauen nach vorne!“Auch die Frauenquote findet sie gut.
Wie sie zum Kopftuch steht? „Ich bin da hin- und hergerissen. Das wäre wirklich eine Frage, die wir mal auf einer Veranstaltung diskutieren könnten.“Sie selbst würde nie ein Kopftuch tragen, auch nicht in SaudiArabien. Nächstes Jahr bekommt sie ein Thema wie maßgeschneidert für sie als Juristin: Dann ist es 100 Jahre her, dass Frauen in Deutschland das Wahlrecht bekamen. Jetzt steht aber erst mal Weihnachten an. Das feiern Steinmeier und Büdenbender wie viele andere auch: Sie teilen es zwischen seiner und ihrer Familie. Heiligabend tischt Steinmeiers Mutter Ursula ein Gericht aus ihrer schlesischen Heimat Breslau auf: Kasseler mit Sauerkraut und Kartoffeln.