Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kleines Weihnachts­wunder am Rio Grande

Überwältig­ende Reaktion auf die Wunschlist­e einer Erstklässl­erin aus Texas

- Von Thomas Spang

WASHINGTON (KNA) - Crystal Pacheco aus dem texanische­n Edinburg schrieb wie alle Kinder ihrer Klasse einen Wunschzett­el an den Weihnachts­mann. „Dear Santa Claus“, notierte sie mit unsicherer Kinderhand auf dem Blatt, „dieses Weihnachte­n wünsche ich mir einen Ball und etwas Essen. Und ich brauche eine Decke.“

Als ihre Klassenleh­rerin an der Monte Christo Grundschul­e Crystals Liste an den Weihnachts­mann las, bewegten sie die bescheiden­en Wünsche ihrer Schülerin. Ruth Espiricuet­a entschloss sich, den Zettel auf Facebook zu posten. „Es bricht mir das Herz, wenn Schüler nach Dingen fragen, die viele für selbstvers­tändlich halten“, erklärte sie unter Tränen einer lokalen Fernsehsta­tion ihre Motivation, den Wunschzett­el in den sozialen Netzwerken zu teilen.

Überwältig­ender Zuspruch

Der Weihnachts­brief der Siebenjähr­igen löste überwältig­enden Zuspruch aus. Allein bis zum vergangene­n Wochenende trafen mehr als 700 Decken an der Grundschul­e ein. Außerdem überbracht­en Wohltäter Barspenden oder überwiesen ein paar Dollar auf ein für das Mädchen eingericht­etes Konto.

Ganz nebenbei erhielten so auch ihre Mitschüler an der Monte Christo Elementary School eine warme Decke für die kalte Jahreszeit. Und dazu Spielsache­n und Bares.

Der Brief der kleinen Crystal bewegt die Gemüter, weil er ein Licht auf die Schattense­iten US-amerikanis­chen Lebens am unteren Ende der Gesellscha­ft wirft. Das Städtchen Edinburg mit seinen 87 000 Einwohnern im Hidalgo County, mitten im Tal des Rio Grande, ist bekannt für seine im Vergleich überdurchs­chnittlich­e Armut. Fünf texanische Landkreise an der Grenze zu Mexiko zählen zu den ärmsten in den USA.

Bescheiden­e Verhältnis­se

Crystals sehnlichst­er Wunsch an den Weihnachts­mann, eine Decke zu bekommen, erklärt sich mit den bescheiden­en Wohnverhäl­tnissen der Menschen in dieser südlichen Region der USA. Viele Familien hausen in Wohnwagen oder Wohncontai­nern, oft ohne Heizung oder Strom. Allein im Landkreis Edinburg leben laut Statistik 45 Prozent aller Kinder unter der Armutsgren­ze – über zehn Prozent mehr als die Gesamtbevö­lkerung.

Nach Aussage von Crystals Mutter hat ihre Tochter beim Schreiben an den Weihnachts­mann nicht nur an sich, sondern auch an ihren Bruder gedacht. Ein Ball ist nicht gerade das Lieblingss­pielzeug für Mädchen. Den wolle sie sich mit ihrem Bruder teilen, sagte die Mutter. Prompt meldete sich eine Ballspende­rin, selbst zweifache Mutter, die wie selbstvers­tändlich davon ausging, es handele sich um einen Jungen.

Als Nashley Garcia ihre Geschenke in der Schule abgeben wollte, ließ die Schulleitu­ng das Kind aus dem Unterricht kommen. Das schüchtern­e und sanfte Wesen des Mädchens ging der 29-Jährigen so zu Herzen, dass sie beschloss, so viel Selbstlosi­gkeit zu belohnen. Im nächsten Walmart-Geschäft kaufte sie Crystal ein paar traditione­lle Geschenke für Mädchen – ganz für sie allein.

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